Neueinstellungen, Dienstplangestaltung oder Eingewöhnungsmodell: In der AWO-Kita „Kurt Pohle“ haben die pädagogischen Fachkräfte und die Servicekräfte ein umfangreiches Recht auf Mitbestimmung. Dieses ist in einer internen Verfassung festgeschrieben.
Teambesprechung in der AWO-Kita "Kurt Pohle" in Husum.

Partizipation ist ein Schlüssel zu Bildung in der AWO Kita „Kurt Pohle“ in Husum, Schleswig-Holstein. Die Rechte der Kinder sind seit 2012 in einer KiTa-Verfassung festgeschrieben, auch für die Eltern gibt es einen „Rechte- Katalog“, der über das gesetzliche Maß hinausgeht. „Nur für uns Mitarbeiter war nicht wirklich geklärt, welche Rechte, Pflichten und Möglichkeiten der Mitbestimmung wir haben“, sagt der Erzieher Mirko Avanzini. So war es nur logisch, für pädagogische Fachkräfte und Servicekräfte ebenfalls eine Verfassung aufzustellen.

Das Team und die Leitung haben die hausinterne Mitarbeiterverfassung gemeinsam nach dem Konzept „Die Kinderstube der Demokratie“ erarbeitet. Alle konnten ihre Themen einbringen und gemeinsam klären, wo das Team mitentscheidet.

Die Arbeit an der Verfassung war eine intensive Auseinandersetzung mit der pädagogischen Arbeit in der Kita: Wer sind wir? Wohin führt unser Weg? Wo wollen wir mitentscheiden und wo nicht? Dabei wurde auch geklärt, was die Leitung weiter allein entscheidet. „Dazu zählt unter anderem die Umsetzung von gesetzlichen Rahmenbedingungen und Trägervorgaben“, erzählt Anke Petersen, Leiterin der AWO-Einrichtung.

 

KURZ GESAGT!

  • Grundlage: gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen zwischen Team und Leitung
  • Rechte, Pflichten und Möglichkeiten der Mitbestimmung des Teams klären
  • Bei Problemen gemeinsame Suche nach Lösungen
  • Hohe Identifikation mit Kita und bessere Arbeitsatmosphäre

 

Transparent und verlässlich

Die fertige Verfassung baut auf Information, Transparenz, Freiwilligkeit, Verlässlichkeit und individueller Begleitung auf. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unter anderem das Recht, an der Gestaltung des Dienstplans mitzuwirken. Sie bestimmen bei Neueinstellungen mit – auch wenn eine neue Leitungskraft gesucht wird. Sie entscheiden über ein individuelles Eingewöhnungskonzept, wie das Kita-Budget verwendet wird oder wann sie selbst essen und trinken können. Dabei führen regelmäßige Reflexionen zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der Verfassung. „Partizipation bringt viel Verantwortung für Team und Leitung mit sich“, so Anke Petersen.

Auch für Mirko Avanzini ist wichtig, dass er den pädagogischen Schwerpunkt seiner Aufgaben bestimmt. „Das motiviert mich sehr“, sagt der Erzieher. „Ich fühle mich wertgeschätzt und ernst genommen.“ Seine Leidenschaft sind Bewegungsangebote – hier liegt der Fokus seiner Arbeit. Eine echte Win-Win-Situation: Die Kinder und die Einrichtung profitieren von seinen Angeboten. Und die hohe Motivation wirkt sich positiv auf die Stimmung in dem 28-köpfigen Team aus.

Mirko Avanzini: „Ich fühle mich wertgeschätzt und ernst genommen.“

Anhörung bei Problemen

Zu den Rechten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt auch die zeitnahe Anhörung bei Problemen. Anke Petersen berichtet von einer älteren Kollegin, die zunehmend mit körperlichen Beschwerden zu kämpfen hatte. „Das gesamte Team hat sich Lösungen überlegt“, sagt sie. Beispielsweise wurde ein elektrisch höhenverstellbarer Wickeltisch angeschafft. Das Ziel: den unterschiedlichen Bedürfnissen in allen Bereichen gerecht zu werden.

Gesundheitsbewusstes Verhalten vorleben

Vom Partizipationsprozess profitieren auch die Kinder: „Wir haben eine Vorbildfunktion beim Erlernen von widerstandsfähigem Verhalten“, so die Leiterin. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leben ein gesundheitsbewusstes Verhalten vor, indem sie offen ansprechen, was sie für ihre Arbeit und ihre Gesundheit benötigen.

Doch man darf sich nichts vormachen: „Entscheidungen brauchen bei uns Zeit“, sagt Anke Petersen. Die Prozesse in der Kita sind nicht einfach: Beschlüsse werden nicht durch Mehrheiten gefasst. Alle müssen einverstanden sein und die Ergebnisse umsetzen.

Wäre ein hierarchischer Führungsstil für die Leitungskraft nicht unkomplizierter? „Im Gegenteil“, so ihre Überzeugung. Für sie ist es einfacher, in einem Team zu arbeiten, wo sich alle aktiv einbringen und so die Identifikation mit der Kita leben. Grundlegende Voraussetzung dafür ist ein wertschätzender Umgang mit jedem im Team. „Ich muss sehr aufmerksam und beziehungsvoll sein, um Impulse geben zu können“, sagt Anke Petersen. Das beinhaltet Vertrauen und Wertschätzung auf beiden Seiten. „Ich muss gut zuhören, verstehen und erkennen, welche Unterstützung meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen.“

Der vertrauensvolle Umgang mit jedem im Team ist zentral.

 

CHECKLISTE PARTIZIPATION

  • Sind Möglichkeiten der aktiven Beteiligung für Beschäftigte und Führungspersonen vorhanden?
  • Wissen die beteiligten Personen, woran Sie beteiligt werden?
  • Schaffe ich als Führungskraft die organisatorischen Voraussetzungen, um Beschäftigte von Beginn an aktiv einzubeziehen?
  • Ist die Beteiligung auf Augenhöhe und haben alle die gleichen Chancen, daran teilzuhaben?
  • Werden Maßnahmen gemeinsam abgeleitet und umgesetzt?
  • Wird eine zeitnahe und wertschätzende Rückmeldung gegeben, auch wenn Maßnahmen nicht umgesetzt werden können?

Beteiligung ist ein Handlungsfeld der DGUV-Kampagne kommmitmensch .

Mehr dazu unter:
www.kommmitmensch.de

 

„DIE KINDERSTUBE DER DEMOKRATIE“

ist ein Konzept für Partizipation in Kindertageseinrichtungen, das in Zusammen arbeit zwischen dem Institut für Partizipation und Bildung und zahlreichen Kitas entstanden ist.

Mehr unter:
www.partizipation-und-bildung.de

 

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