Kommunikation als Schlüssel – klar und wertschätzend

Warum können Elterngespräche manchmal schwierig werden?

Ursula Günster-Schöning: Eltern haben möglicherweise eine andere Vorstellung von Erziehung. Die Herausforderung besteht zunächst einmal darin, die Unterschiede zu erkennen und anzuerkennen. Im nächsten Schritt ist es die Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte, in Gesprächen eine Brücke zwischen den verschiedenen Perspektiven zu bauen. Schließlich wollen beide Seiten das Beste für das Kind.

Was trägt aus Ihrer Sicht dazu bei, solche Elterngespräche zu meistern?

Ein entscheidender Faktor ist die wertschätzende Haltung, denn sie signalisiert Respekt und schafft eine gute Basis für das Gespräch. Es ist hilfreich, sich in die Perspektive der Eltern hineinzuversetzen, um bestimmte Sorgen, Kritik oder Gefühle zu verstehen. Das erfordert aktives Zuhören und offene Fragen. Wenn Fachkräfte die Sichtweise der Eltern verstehen, können sie empathischer reagieren. Das schafft Vertrauen und fördert eine kooperative Gesprächsatmosphäre. 

Welche Rolle spielt eine sorgfältige und strukturierte Vorbereitung?

Fachkräfte sollten sich vorab über die Gesprächsinhalte, Gesprächsziele, die Elternpersönlichkeiten und auch über ihre eigenen Erwartungen im Klaren sein. Zur Vorbereitung gehört auch, sich mit der Situation des Kindes und seiner Familie auseinanderzusetzen, relevante Beobachtungen zu sammeln und diese gegebenenfalls mit Kolleginnen und Kollegen oder der Leitung zu besprechen. Beobachtungen sollten zudem gut dokumentiert sein, um konkrete Beispiele geben zu können, wenn Eltern nachfragen oder anderer Meinung sind.

In welcher Form sollten Fachkräfte denn heikle Themen ansprechen oder Kritik äußern?

Wenn wir Vorwürfe formulieren oder einen aggressiven Ton anschlagen, aktiviert das bei unserem Gegenüber schnell Abwehrmechanismen. Das Gespräch dreht sich dann nur noch um Rechtfertigungen oder Verteidigung – eine konstruktive Lösung rückt in weite Ferne. Wertschätzende, gewaltfreie Kommunikation dagegen funktioniert, indem ich eigene Beobachtungen in Ich-Botschaften auf den Punkt bringe. Dadurch kann ich auch Kritik äußern, ohne Vorwürfe zu erheben oder Schuldzuweisungen zu machen.

Wie können Fachkräfte mit Kritik an sich umgehen?

Zunächst ist es wichtig, selbst ruhig zu bleiben. Zeigen Sie, dass Sie die Kritik ernst nehmen, beispielsweise indem Sie Fragen stellen: „Könnten Sie mir genauer erklären, was Ihnen hierbei wichtig ist?“ Gleichzeitig sollten Sie sich bewusst machen, dass Kritik oft auch aus Unsicherheit oder Überforderung resultiert. Ein professioneller Umgang bedeutet, nicht sofort in eine Verteidigungshaltung zu gehen, sondern auf der Sachebene zu bleiben, aktiv zuzuhören und anzubieten, gemeinsam eine Lösung zu finden.

Wie lässt sich mit aggressivem Verhalten oder Beleidigungen durch Eltern umgehen?

Auch hier gilt: Bleiben Sie ruhig, um keine Eskalation zu provozieren. Setzen Sie aber klare Grenzen: „Ich möchte dieses Gespräch gerne weiterführen, da mir Ihr Sohn wirklich wichtig ist. Ich empfinde es jedoch als unangemessen, wenn ich beschimpft oder angeschrien werde.“ Sollte sich die Situation dennoch zuspitzen, kann und darf die Fachkraft das Gespräch höflich, aber bestimmt abbrechen und auf einen späteren Zeitpunkt oder eine andere Gesprächsform verweisen – zum Beispiel mit einer weiteren Fachkraft oder der Leitung. Niemand muss sich anschreien oder beleidigen lassen. 

Eine solche Situation kann auch gefährlich werden.

Das Hausrecht der Einrichtung bietet Handlungsspielraum. Die Leitung – sofern der Träger ihr das Hausrecht übertragen hat – darf Personen, die sich nicht an respektvolle Umgangsformen halten oder die Sicherheit gefährden, aus der Kita verweisen. Bei wiederholt aggressivem Verhalten oder Bedrohungen kann es aber auch angebracht sein, über das Einbinden von Sicherheitspersonal nachzudenken. 

Wann ist es sinnvoll, eine zweite Fachkraft oder die Kitaleitung hinzuzuziehen?

Eine zweite Person kann eine objektivere Perspektive einbringen und zur Stabilisierung der Gesprächsatmosphäre beitragen. Wenn absehbar ist, dass eine Situation eskalieren könnte, ist es sinnvoll, eine zweite Fachkraft direkt von Beginn an einzubeziehen. Über ein zuvor vereinbartes Signal kann dann diskret Unterstützung organisiert werden. Grundsätzlich sollten Fachkräfte im Vorfeld über klare interne Handlungsabläufe informiert sein. Ein gut abgestimmter Notfallplan gibt dem Team Sicherheit und Orientierung für den Ernstfall.

Welche Rolle spielt der Träger dabei?

Es ist die Verantwortung des Trägers, Fachkräfte und Kitaleitungen auf den Umgang mit schwierigen oder sogar grenzüberschreitenden Situationen gut vorzubereiten. Dazu gehört in erster Linie, regelmäßig Schulungen und Unterweisungen anzubieten – etwa zu Themen wie Gesprächsführung in Konfliktsituationen, Deeskalationstechniken oder Selbstschutz. Darüber hinaus braucht es auch eine Kultur der Rückendeckung: Kitaleitungen und Fachkräfte müssen sich darauf verlassen können, dass der Träger hinter ihnen steht – besonders dann, wenn sie klare Grenzen setzen oder im Sinne des Kindeswohls handeln.

Die Fragen stellte Holger Toth.

Altersgemischte Teams

Welche Vorteile bietet es, wenn jüngere und ältere Fachkräfte in einem Team zusammenarbeiten?

Aus den Erfahrungen und der Routine der älteren Generation kann gepaart mit den frischen Ideen der jünge­ren Beschäftigten eine tolle Energie entstehen. Man profitiert voneinander und die Kita bleibt beweglich. Auch die unterschiedlichen Werte der Generationen können einen Mehrwert darstellen. Loyalität und Kollegialität sind tief verwurzelt in den Biografien der älteren Erzieherinnen und Erzieher, bei den jüngeren sind es Werte wie Selbstfürsorge. Den Älteren würde manchmal mehr Selbstfürsorge guttun, weil sie dazu neigen, sich selbst zu vergessen und sich zu verausgaben. Den Jüngeren kann es helfen wahrzunehmen, wie schön es ist, sich aufeinander verlassen zu können.

Das klingt in der Theorie gut, ist in der Praxis aber sicher nicht immer so einfach.

Die Vorteile sind auch gleichzeitig Spannungsfelder. Vor allem, wenn man nicht offen ist füreinander. Wenn die alten Hasen sagen: „Das haben wir schon immer so gemacht“, oder die Neulinge sich nicht trauen, ihren Platz zu erkämp­fen. In einer Supervision hatte ich zum Beispiel ein Team mit einer Auszubildenden. Sie hatte eine tolle Idee, weil viele Eltern trotz Bitten der Kita die Kleidung ihrer Kinder nicht mit Namen beschriftet hatten: Sie wollte beim nächs­ten Elternabend alle Kleider ohne Beschriftung zu einem Kleiderberg türmen, um den Eltern das Problem vor Augen zu führen. Aber die Auszubildende fühlte sich nicht wahrge­nommen.

Wie gelingt die Zusammenarbeit in altersgemischten Teams?

Es gibt den Ansatz der „kritischen Lerngemeinschaft“. Dem­nach sollten die Aufgaben und Verantwortlichkeiten so ver­teilt sein, dass sie den Stärken der Beschäftigten entspre­chen. Alle haben dabei die Aufgabe, sowohl Lehrer als auch Lehrling zu sein. Wichtig ist, zu reflektieren und sich gegen­seitig Feedback zu geben. Und zu fragen: „Warum hast du das jetzt auf diese Weise gemacht?“ Und zwar als offene Frage, um eine andere Herangehensweise zu verstehen und womöglich dazuzulernen, und nicht als Vorwurf. Außerdem sollte man eigene Vorurteile hinterfragen. Es stimmt zum Beispiel oft nicht, dass ältere Fachkräfte nicht offen sind gegenüber der Digitalisierung.

Welche Rolle spielt die Kitaleitung?

Eine offene Kommunikationskultur steht und fällt mit der Kitaleitung. Sie hat eine Vorbildfunktion. Trotz der ange­spannten Personalsituation sollte die Kitaleitung ver­suchen, feste Teams zu etablieren. Gerade Teams mit Neulingen sollten genügend Zeit haben, Vertrauen zueinander aufzubauen, Strukturen abzuspre­chen sowie Rollen und Aufgaben zu verteilen. 

Die Fragen stellte Holger Schmidt