Händewaschen ist wichtig, schadet allerdings auch der Haut. Warum Desinfizieren aus Sicht des Hautschutzes die bevorzugte Reinigungsvariante ist und was bei der Hautpflege zu beachten ist, erklärt Dermatologin Prof. Dr. Manigé Fartasch vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) in Bochum.
Manigé Fartasch
Foto: Volker Wiciok/Lichtblick

Warum schadet das Händewaschen eigentlich der Haut?

Manigé Fartasch: Beim Händewaschen gelangt Flüssigkeit in die Hornzellen und in die Zwischenräume der Hornzellen. Dadurch kommt es zur Quellung der Hornschicht. Wenn das mit Detergenzien – also Reinigungsmitteln wie Seifen oder Waschlotionen – kombiniert wird, dann wird die Hornschicht, die Barriere der Haut, geschädigt.

Das klingt so, als wäre es besser auf das Händewaschen zu verzichten…

Fartasch: Aus dermatologischer Sicht wäre es besser, wenn man die Hände desinfiziert und nicht mit Seife wäscht. Desinfektionsmittel sollten alkoholbasiert sein und zusätzlich rückfettende Substanzen enthalten. Das ist hautschonender, als die Hände zu waschen. Man kennt das aus Krankenhäusern und Kliniken. Dort werden die Hände nur nach dem Toilettenbesuch mit Seife gereinigt oder wenn es optisch sichtbare Verschmutzungen gibt. Ansonsten reicht das Desinfizieren mit alkoholbasierten Desinfektionsmitteln. Aus Sicht des Hautschutzes gilt die Faustformel: Händewaschen so oft wie nötig, aber so selten wie möglich.

Was ist, wenn man die Haut erst wäscht und dann desinfiziert?

Fartasch: Wenn Sie beides kombinieren, wird die Haut noch mehr geschädigt. In Krankenhäusern wird dies weitgehend vermieden.

Nun lässt sich Händewaschen selbstverständlich nicht gänzlich vermeiden. Was ist für Kitas bei Seifen oder Waschlotionen zu beachten? Ist der pH-Wert entscheidend?

Fartasch: Man kann nicht grundsätzlich sagen, dass allein der pH-Wert ein Garant für die Hautverträglichkeit ist. Die Zusammensetzung der Reinigungsmittel ist dafür ausschlaggebend. Im Prinzip ist es so: Alles, was schnell reinigt, ist auch hautreizend. Mittel, die eine sehr hohe Reinigungswirkung haben, haben andererseits auch eine größere hautschädigende Wirkung. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, duftstofffreie Reinigungsmittel zu verwenden, auch wenn nicht alle Duftstoffe Allergien auslösen.

Inwiefern können Einmalschutzhandschuhe die Erzieherinnen und Erzieher beim Wickeln oder der Wundversorgung schützen?

Fartasch: Es ist besser, Handschuhe zu tragen, als die Hände waschen zu müssen. Handschuhe dienen also dazu, die Waschfrequenz zu reduzieren und haben dadurch einen positiven Effekt. Nach dem Ausziehen der Handschuhe sollten Erzieherinnen und Erzieher nicht unbegründet die Hände mit Seife waschen, sondern sie desinfizieren. Wenn sie beim Wechsel der Handschuhe schwitzen, dann sollten sie die Hände besser nur mit Wasser abspülen und gut abtrocknen, bevor sie die nächsten Handschuhe anziehen.

Vor der Arbeit sollten pädagogische Fachkräfte Hautschutzcremes auftragen, nach der Arbeit Hautpflegecremes. Worin besteht der Unterschied?

Fartasch: In Hautschutzmitteln sind Inhaltsstoffe, die die Hornhaut nicht durchlässig machen und sie eher stabilisieren. Wenn das Präparat das DGUV-Prüfzeichen „Wirksamkeit geprüft“ trägt, kann man eher sicher sein: Es bringt etwas. Dadurch ist nachgewiesen, dass es bei der Anwendung zu einer geringeren Schädigung der Hautbarriere oder der Haut an sich kommt. Manche Hautpflegemittel enthalten Zusätze, die die Hornschicht durch Zusätze wie zum Beispiel Harnstoff dagegen etwas durchlässiger machen können, damit die pflegenden Substanzen tiefer in der Hornschicht einwirken können. Das ist beim Umgang mit verschiedenen reizenden oder chemischen Stoffen nicht wünschenswert, deswegen sollten sie erst nach der Arbeit aufgetragen werden und die Hände damit gepflegt werden, damit sich so die Barriere besser regenerieren kann.

In der Corona-Pandemie gehört häufiges Händewaschen zu den Hygieneregeln. Was hat das für Auswirkungen auf die Haut?

Fartasch: Bei Kindern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich häufiger die Hände waschen müssen oder sollen, kann ein irritatives Kontaktekzem entstehen. Darunter versteht man eine Entzündung der Haut aufgrund der Reizung, die zum Beispiel durch das häufige Händewaschen entsteht. Es zeigt sich in trockener, rissiger Haut, die manchmal mit Rötungen einhergeht.

Wer ist besonders anfällig dafür?

Fartasch: Wenn man in der Kindheit – insbesondere im Bereich der Hände – Neurodermitis hatte, besteht bei Feuchtarbeiten ein erhöhtes Risiko, an einem irritativen Kontaktekzem zu erkranken oder Schübe einer Neurodermitis im Bereich der Hände zu bekommen. Wenn man zu dieser Gruppe gehört, sollte man die Hände besonders gut pflegen – und zwar vorbeugend, bevor Hautveränderungen auftreten.

Müssen Kinder eigentlich andere Reinigungs- und Hautpflegemittel benutzen als Erwachsene?

Fartasch: Nein, es können die gleichen Produkte verwendet werden. Die Unterschiede beim Hautschutz sind nicht so groß, dass man hier spezielle Produkte bräuchte.

 

 

 

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