In der Kita Froschkönig in Halle (Saale) ist seit neun Jahren ein Therapiehund fester Bestandteil des pädagogischen Teams. Sein Einsatzgebiet neben Spielen, Trösten und Beruhigen ist die Sprachförderung. Ein Konzept, das aufgeht.

Emily, Eric, Lumaraa und die fünf anderen Kinder stehen erwartungsvoll im Garten der Kita Froschkönig in Halle (Saale). In ihrer Mitte liegt Sam, ein Golden Retriever. Es wird ruhig, alle wissen: Jetzt gehtʼs los. Constanze Stock, Kitaleiterin und Hundeführerin, legt Sam ein Halstuch um. „Was bedeutet das?“, fragt sie in die Runde. Alle wollen antworten, Isabella übernimmt: „Nur wenn Sam das Halstuch trägt, dürfen wir ihn streicheln!“ Ganz genau. Dies ist eine wichtige Regel, die hier alle kennen. Reihum darf jetzt jedes Kind Sam mit bestimmten Gesten und Kommandos zu sich rufen – unterstützt durch Constanze Stock. Komm! Sitz! Platz! Für Sam kein Problem. Obwohl der Rüde erst eineinhalb Jahre alt ist, meistert er jede Aufgabe und ist hoch konzentriert. Natürlich bekommt er von allen zur Belohnung ein Leckerli. Was so leicht aussieht, ist für den Hund Schwerstarbeit. „Er muss seine Aufmerksamkeit ständig auf ein anderes Kind ausrichten, gleichzeitig muss Sam darauf achten, was seine Chefin von ihm verlangt“, erklärt Hundetrainerin Bettina Krist, die heute eigens aus Leipzig gekommen ist, um zu sehen, wie gut ihr Zögling Sam das bereits kann. Sie ist hochzufrieden. Deshalb ist Sam auch immer häufiger im Einsatz.

 

KURZ GESAGT!

  • Tiergestützte Sprachförderung verbessert kommunikative Kompetenzen der Kinder
  • Mehrmals pro Woche „arbeiten“ Hunde und Kinder zusammen
  • Kitahunde müssen hervorragend ausgebildet sein und das geeignete Wesen haben

 

Sein Kumpel Balu ist seit nunmehr neun Jahren ein Kitahund mit Brief und Siegel. Zweimal in der Woche besucht er eine der fünf Kitagruppen. Dann beschäftigen sich die Kinder etwa eine Stunde lang mit ihm, schon am Vortag wird das in den Gruppen vorbereitet. Exklusive Zeit mit dem gutmütigen Tier genießt eine Gruppe von sechs Kindern. Manche haben Sprachauffälligkeiten, andere sind extrem schüchtern. Quasi nebenher stärken sie in der Balu-Runde ihre kommunikativen Kompetenzen. „Es ist fantastisch, wie gut sich die Kinder entwickeln“, freut sich Constanze Stock. Die Balu-Runde wird vom Team intensiv vor- und nachbereitet und auch dokumentiert. „Ein Hund in der Kita ist toll, aber kein Selbstzweck. Sam und Balu sind der Kern unserer pädagogischen Konzeption.“ Ein gutes Jahr hat sich Frau Stock mit ihrem Team Gedanken um ein Konzept gemacht, bevor Balu als acht Wochen alter Welpe das erste Mal mitkommen durfte und seine Ausbildung zum Therapiehund begann. Dass sich für diese Aufgabe nicht jedes Tier eignet, davon sind sowohl Bettina Krist als auch die Kitaleiterin überzeugt. „Es gibt leider keine deutschlandweit einheitliche Regelung dazu. Nur weil ein Hund ‚lieb‘ ist, heißt das nicht, dass er dem Stress in einer Kita gewachsen ist.“ Er müsse vielmehr über einen längeren Zeitraum gezielt ausgebildet werden. „Wir tragen eine hohe Verantwortung, da sollte das selbstverständlich sein.“ Deshalb gehört für die Kitaleiterin auch eine jährliche Wesensprüfung ihrer Hunde mit dazu, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen in so einem wuseligen Umfeld noch immer gewachsen sind.

Constanze Stock: „Nicht jeder ‚liebe‘ Hund kann in einer Kita einge­setzt werden.“

Die Hundestunde im Garten nähert sich dem Ende. Da hat Constanze Stock noch eine Idee: „Macht mal einen Tunnel.“ Die Kinder stellen sich breitbeinig hintereinander auf. Und dann kriecht der große Sam langsam durch den leicht schwankenden Beinetunnel, holt sich unterwegs bei Emily und Eric, Samia und Lumaraa, bei Gabriel und Isabella ein Leckerli ab. „Das kitzelt!“, kichern die Kinder. Dann nimmt die kleine Jasemin Sam das Halstuch ab. Jetzt hat er Feierabend und gemeinsam mit Balu tollt er im Nu über die Wiese. Nach und nach gehen auch die Kinder zum Spielen davon. Sam und Balu sind ja bald wieder da.

 

CHECKLISTE KITAHUND

  • Länderspezifische Regelungen für (Therapie-)hunde in Kindertageseinrichtungen beachten
  • Schriftliche Genehmigung des Trägers einholen
  • Konzept entwickeln und gute Ausbildungsstätte suchen, bevor der Hund da ist. Kosten bedenken!
  • Hundehaftpflichtversicherung für Therapiehunde abschließen
  • Einverständniserklärung der Eltern einholen, dass es keine bekannte Allergie gibt und die Kinder den Hund streicheln dürfen
  • Hygieneplan erstellen: welche Räume das Tier nicht betreten darf, Reinigung etc.
  • Nachweis über Impfungen und Entwurmung
  • Jährlicher tierärztlicher Check-up, besonders bei älteren Tieren (gesund und schmerzfrei?)
  • Jährliche Wesensprüfung
  • Klare Regeln aufstellen: dem Hund nicht weh tun; nichts nach ihm werfen; leise sprechen; an seinem Rückzugsort nicht stören; nur anfassen, wenn er „im Einsatz“ ist (z. B. sein Halstuch trägt)

Weitere wichtige Hinweise stehen unter dem Punkt II-3.1 „Umgang mit Tieren“ der RiSU unter:
www.kmk.org > Suche: „Risu Tiere“

 

 

Konzept der tiergestützten Sprachförderung in der Kita Froschkönig zum Nachlesen (PDF):

https://kurzelinks.de/Balu

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