Elyas zögert noch einen Moment. Mit der Zunge zwischen den Lippen wirkt er hoch konzentriert. Ratsch! Das Streichholz in seiner Hand brennt. Elyas‘ Miene entspannt sich zu einem Strahlen. Geschafft! Er hat ganz allein das Streichholz angemacht und darf jetzt die Kerze anzünden. „Super!“, lobt Steffi Ems, die die Kita Rambazamba in Lahnstein und auch das Brandschutzprojekt leitet. „Und jetzt das abgebrannte Streichholz noch in das Wasserglas geben. Wer will es als Nächstes probieren?“ Alle wollen.
Eine ganze Woche lang beschäftigen sich die sechs Vorschulkinder der Einrichtung mit Feuer, Feuerwehr, Brandschutz. „Leider können wir in diesem Jahr wegen Corona nicht so viel machen wie normalerweise. Denn eigentlich ist die ganze Kita mit dabei.“ Nun aber sind nur die „Detektive“, wie sich die Vorschulkinder selbst nennen, auf den Spuren des Elements Feuer. Der Pädagogin ist es wichtig, dass sich Kinder schon früh und immer wieder damit auseinandersetzen – das führe schließlich zu einer größeren Sicherheit. „Kinder im Kindergartenalter verhalten sich sehr unterschiedlich im Umgang mit Feuer. Manche sind sehr ängstlich, andere fast furchtlos. Für uns ist es wichtig, dass sie in einem geschützten Rahmen, zusammen mit einem Erwachsenen, Erfahrungen machen können und lernen, verantwortungsvoll mit Feuer umzugehen.“
KURZ GESAGT!
- Zusammen mit einem Feuerwehrmann richtet die Kita jährlich eine Woche zum Thema Feuer, Feuerwehr und Brandschutz aus
- Kinder lernen spielerisch, verantwortungsvoll mit Feuer umzugehen
- Ausprobieren gehört dazu, aber nur unter Aufsicht Erwachsener
Das Feuer mit allen Sinnen wahrnehmen: seine Wärme, seinen Duft, das Knistern von Holzscheiten im Lagerfeuer und seinen flackernden Schein – was auf der einen Seite behaglich ist, kann auf der anderen Seite gefährlich sein. „Die Kinder sollen keine Angst, aber großen Respekt vor Feuer haben“, verdeutlicht Steffi Ems. „Verbieten ist der falsche Weg. Anleiten der richtige. Dann verliert das eigenmächtige und gefährliche Kokeln seinen Reiz.“
Experimente hautnah
Nachdem alle Kinder das Streichholz- und Kerzenanzünden ausprobiert haben, steht ein neues Experiment an. Auf einer nicht brennbaren Unterlage sollen Alltagsgegenstände auf ihr Brennverhalten getestet werden. Dazu ist extra der Brandschutzbeauftragte von der Feuerwehr, Sebastian Schmitt, in die Kita gekommen. „Was glaubt ihr? Brennt dieser Stein?“, fragt er die Kinder. „Nein!“, tönt es vielstimmig, Letizia kichert. Steine brennen doch nicht. Schmitt versucht, den Stein anzuzünden. Vergebens. „Da hattet ihr recht. Aber was ist mit Pappe?“ Theo weiß es: „Pappe brennt!“ Das wird direkt ausprobiert. Und richtig, sie fängt Feuer. Genau wie die dünne Serviette, die regelrecht auflodert. Große Augen bei den Kindern.
So testen sich Schmitt und die „Detektive“ durch eine ganze Reihe Materialien. „Die Kinder bekommen so einen Überblick, welche Materialien leicht und welche schwer entflammbar sind.“ Vertieft wird dieses Wissen mit kleinen Rätselaufgaben und Ausmalbildern. Ruhig beantwortet Schmitt jede Frage – und die „Detektive“ sind als richtige Spürnasen äußerst wissbegierig.

Keine Angst vor der Schutzausrüstung
Dann macht Sebastian Schmitt „Modenschau“. Nach und nach zieht er vor den Kindern seine Persönliche Schutzausrüstung (PSA) an und erläutert jedes Teil. „Der Stoff meiner Hose und Jacke ist ganz besonders. Er hält große Hitze und einige Zeit auch Flammen aus. Hier hinten am Helm ist der Schutz dafür da, dass mir keine Funken in den Nacken fallen“, erklärt er den staunenden Kindern, die alles anfassen und in Augenschein nehmen dürfen. Nach einer Weile steht dann statt Herrn Schmitt mit Hemd und blauer Hose ein Feuerwehrmann in voller Montur im Gruppenraum. Amy raunt ihrer Freundin Paula zu: „Das hört sich aber komisch an, wenn der atmet!“ In der Tat macht die Atemschutzmaske ungewohnte Geräusche und der Anblick ist ebenfalls nicht alltäglich. Hintergrund der Präsentation in Schutzausrüstung ist es, den Kindern mögliche Ängste zu nehmen, sollten sie bei einem Brand Feuerwehrleute in Vollschutz sehen. Beim Angebot, selbst mal Jacke und Helm auszuprobieren, gibt es kein Halten. „Ganz schön schwer!“, bemerkt Elyas. Schmitt nickt: „Alles zusammen wiegt mehr als du.“
Zum Abschluss dieses Vormittags dürfen die „Detektive“ noch das Löschfahrzeug inspizieren, mit dem Herr Schmitt gekommen ist, und in den Führerstand klettern. „Aber bitte keine Knöpfe drücken!“, mahnt Schmitt und erklärt Jann Louis dann noch geduldig die Füllmenge der Wassertanks und wie weit ein Wasserstrahl reicht. „Hier wächst ein Nachwuchs-Feuerwehrmann heran!“ lacht Kitaleiterin Ems. Und tatsächlich sind zwei Kinder ihrer Kita der örtlichen Lösch-Bande, der Bambini-Gruppe der freiwilligen Feuerwehr, beigetreten.


Eine Woche voll heißer Ideen
Langweilig wird es während der Brandschutzwoche nie. Die Höhepunkte sind aber ganz klar der Besuch des Brandschutzbeauftragten in der Kita und der Gegenbesuch auf der F euerwache – der dieses Jahr wegen Corona allerdings ausfallen musste. Im Freispiel haben die Kinder die Möglichkeit, sich mit verschiedenen Rettungsfahrzeugen von Feuerwehr, THW, Polizei und Rettungsdienst zu beschäftigen, viele Einsätze werden im Rollenspiel nachgestellt, wozu es ein großes Repertoire an „echten“ Kleidungsstücken und anderen Requisiten gibt.
Immer wieder sprechen die Erzieherinnen und Erzieher über das Thema Feuer, es gibt eine Arbeitsmappe dazu, mit der sich die Mädchen und Jungen gern beschäftigen. „Wir machen auch regelmäßig eine Evakuierungsübung und die Kinder lernen, wie man einen Notruf richtig absetzt“, berichtet die Kitaleiterin, der das Thema Brandschutz eine Herzensangelegenheit ist. Nach der Projektwoche sind alle fit in Sachen „Feuer und Flamme“. Die „Detektive“ nehmen stolz eine Urkunde entgegen: Sie sind jetzt nicht nur Spürnasen, sondern auch Inhaber eines Feuerdiploms.