Resilienz stärkenWie aus Belastungen Herausforderungen werden

Erzieherinnen und Erzieher sollen Kinder stark machen für die Herausforderungen des Lebens. Aber wie können die Fachkräfte selbst mit den hohen Anforderungen ihres Berufs umgehen? Hier ist ihre psychische Widerstandskraft, die Resilienz, gefragt – und die lässt sich verbessern.

KURZ GESAGT!

_Belastungen in Kitas sind vielschichtig

_Resilienz ist nur teilweise Veranlagung und lässt sich verbessern

_Team und Leitungskultur sind entscheidende Faktoren

Personalknappheit, ungenügende Ausstattung des Kitas, Lärm, ergonomische Belastungen, hoher Aufwand für Verwaltung und Dokumentation, gestiegene Erwartungshaltung der Eltern hinsichtlich Transparenz, Mitbestimmung und Öffnungszeiten, aber auch das Einkommen und geringe Aufstiegsmöglichkeiten: „Es gibt nicht die eine große Belastung. Es sind viele verschiedene Herausforderungen, die für die pädagogischen Fachkräfte in der Summe das Problem ausmachen“, sagt Verena Hombücher, Referentin bei der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).

Und dann kam 2020 auch noch Corona. „Das hat wie ein Brennglas gewirkt und die ohnehin schon schwierige Situation in Kitas noch schwieriger gemacht“, weiß Verena Hombücher, die am BGW-Trendbericht 2022 über die Situation in der Kinder- und Jugendhilfe als Autorin mitgewirkt hat. Nicht von ungefähr trägt der Bericht den Namen „Zukunftsweisende Entwicklungen zwischen Lockdown und Knock-down“. Zahlen, Daten und die Interviews mit den Führungskräften „zeigen eine Branche am Limit“, heißt es dort.

Kein Wunder also, dass sich viele Kitaleitungen und Fachkräfte nicht nur gefordert, sondern manchmal auch überfordert füh-len. Um mit den Belastungen und dem Stress umgehen und sich davon erholen zu können, braucht es eine stabile psychische Widerstandskraft. Die sogenannte Resilienz.

Eine gute Nachricht dazu haben die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Katrin Lattner und die Psychologin Prof. Dr. Petra Strehmel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit (BAG-BEK): Resilienz ist keine Veranlagung, sondern ein Produkt der Sozialisation und eigenen Erfahrungen – und sie lässt sich verbessern. Die weniger gute Nachricht: Allein wird das schwierig.

„Wichtig ist eine gute Organisationskultur, in der Erzieherinnen und Erzieher die Gelegenheit haben, selbst etwas zu bewirken“, sagt Petra Strehmel. Politik und Trägern komme dabei die Schlüsselrolle zu, weil sie die Rahmenbedingungen vorgäben. Die Kitaleitungen könnten aber ihren Teil beitragen, indem sie den Fachkräften Raum zur Entfaltung und Mitbestimmung geben, ihnen Wertschätzung entgegenbringen und für eine gute Teamkultur sorgen würden. Denn: „Im Beruf Resilienz zu entwickeln, hängt stark von den Arbeitsbedingungen ab.“ Dazu zählt auch, um Hilfe zu bitten und diese anzunehmen, wenn die Belastungen zu groß werden. Oder sich umgekehrt selbst einzubringen, um Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen.

Herausforderungen lassen sich meistern


„Das Team ist die Top-Ressource für die Fachkräfte“, erklärt Katrin Lattner. Unterstützen sich die Erzieherinnen und Erzieher gegenseitig, werde eine Situation weniger als Belastung, sondern eher als Herausforderung begriffen. Und die lassen sich gemeinsam meistern, indem jede und jeder Einzelne eigene Fähigkeiten zum Nutzen aller einbringe. „So kann man die Ressourcen der einzelnen Fachkraft und auch die des Teams stärken“, sagt Katrin Lattner.

Auf der persönlichen Ebene können Erzieherinnen und Erzieher auch etwas tun, um ihre Resilienz zu stärken. Sich der eigenen Bewertungen, Glaubenssätze und inneren Antreiber bewusst zu werden und in gesundheitsförderliche Denkmuster zu überführen, sei ein Ansatz, sagt Katrin Lattner. Also zu hinterfragen: Was stresst mich? In welcher Situation? Warum? Und dann zu schauen: Wie kann ich anders damit umgehen? Was könnte mir helfen? „Wenn eine Fachkraft permanent den Drang hat, alles perfekt zu machen, setzt sie die Erwartungshaltung an sich selbst in einer Krisensituation noch zusätzlich unter Druck“, gibt die Wissenschaftlerin ein Beispiel. In dem Fall hieße das, die eigenen, überhöhten Ansprüche zu überdenken und zurückzuschrauben.

Zeit nehmen für positive Gefühle


Einfacher gesagt als getan. Die eigene Einstellung in Richtung Zielorientierung und positive Emotionen zu verändern, ist ein langwieriger Prozess. Auf individueller Ebene ist er kaum zu bewältigen. „Die Organisation der Kita muss als Ganzes so entwickelt werden, dass es den einzelnen Fachkräften guttut“, sagt Petra Strehmel. Coachings, Supervisionen und Teamtage seien geeignete Instrumente dafür. Die Erzieherinnen und Erzieher könnten sich so über Aufgaben und Erfahrungen austauschen, die sie an ihre Grenzen gebracht hätten. Wichtig sei es, sich auch für positive Gefühle Zeit zu nehmen, ergänzt Katrin Lattner. Stolz darauf zu sein, was man geschafft habe, es innerhalb des Teams wertzuschätzen und Erfolge gemeinsam zu feiern: „Je mehr ich über Positives spreche, desto mehr löscht es negative Emotionen und Ängste.“

Tipp!

Der Trendbericht 2022 steht auf der Webseite der BGW zum Download bereit:
https://kurzelinks.de/iwic

Aktuelle Neuigkeiten sowie nützliche Informationen erfahren Sie in unserem News-Archiv.
Mehr News

ePaper

Aktuelle Ausgabe

  • Die Dinge hinterfragen
  • So viel Bildung steckt in Mais
  • Im Kita-Alltag MINT-Themen setzen
  • 12 Goldene Regeln zum Forschen mit Kids

ePaper Archiv

Sie interresieren sich für ältere ePaper-Ausgaben?

Dann schauen Sie einfach hier in unserem Archiv vorbei.

Mehr erfahren