Warum ist Bewegung als „Querschnittsthema“ wichtig?
Bewegungs- und Sinneserfahrungen bilden die Grundlage dafür, dass sich Kleinstkinder die Welt erschließen können. Greifen führt sozusagen zum Begreifen. Die Besonderheit bei U3-Kindern: Das Lernen von gezielten Bewegungen und das Lernen durch Bewegung finden gleichzeitig statt. Bewegung sollte deshalb zum einen als eigenständiger Bildungsbereich betrachtet werden mit dem Ziel, motorische Fähigkeiten auszubilden. Zum anderen dient Bewegung als Medium zum Auf- und Ausbau von kognitiven, sprachlichen und sozialen Kompetenzen.
Wie schaffen es Kitas, Bewegung im Alltag zu verankern?
Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang – in der Regel reicht es aus, wenn die pädagogischen Fachkräfte Bewegung zulassen, wann immer es geht. Oft sind die kindlichen Bewegungsbedürfnisse aber nicht mit den Tagesabläufen in der Kita kompatibel. Festgelegte Sitzzeiten und zu viele Möbel schränken zum Beispiel die Bewegungsmöglichkeiten ein. Wenn tägliche Rituale wie der Morgenkreis, das Singen oder das Aufräumen bewegt gestaltet werden, ist schon viel gewonnen. Offene Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten erlauben es den Kindern, sich durch selbst gewählte Aktivitäten einzubringen. Förderlich ist es, wenn die Fachkräfte selbst mitspielen und bewegungsanregende Impulse geben.
Wie können Fachkräfte die unterschiedlichen motorischen Entwicklungen der U3-Kinder berücksichtigen?
Die unterschiedlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten dieser Altersgruppe erfordern verschiedene Schwierigkeitsgrade. Wenn Kinder freien Zugriff auf Bewegungsgeräte und bewegungsfördernde Spielmaterialien haben, können sie ihre motorischen Fähigkeiten im eigenen Tempo entwickeln. Sie suchen sich die für sie passenden Aktivitäten selbst, um die nächste Stufe ihrer Entwicklung zu erreichen. Die Fachkräfte können das fördern, indem sie beispielsweise in Bewegungslandschaften kleine Hindernisse einbauen, damit sich die Kinder an neuen Herausforderungen ausprobieren können. Die größten Erfolgserlebnisse haben Kinder, wenn sie nur so viel Hilfestellung bekommen wie nötig und Situationen selbst meistern.
Brauchen U3-Kinder Bewegungsspielzeug?
Um das bewegte kooperative und das explorative Spiel zu fördern, sind vor allem Fahrzeuge und Wagen in Kombination mit Alltagsgegenständen geeignet: Körbe, Eimer, Töpfe oder Joghurtbecher zum Beispiel und Naturmaterialien wie Holzstücke oder Tannenzapfen. Speziell für Krippenkinder sind die Geräte und Spielmaterialien nach Pikler und Hengstenberg zu empfehlen. Denn sie sind für die Bewegungsbedürfnisse dieser Altersgruppe entwickelt und flexibel einsetzbar. Auch das Raumkonzept kann viel zur Bewegungsförderung beitragen (siehe S. 10). Ansonsten gilt: Bewegungssicherheit erlangen Kinder nur durch Bewegung. Eine entwicklungsfördernde Umgebung birgt aber immer auch das kalkulierbare Risiko, dass Kinder fallen und sich dabei eine Beule holen. Daher ist es wichtig, auch die Eltern gut zu informieren und deutlich zu machen, dass blaue Flecken zum gesunden und bewegten Aufwachsen dazugehören.
Die Fragen stellte Holger Toth

Die Sportwissenschaftlerin Susanne Przybilla hat ihre Doktorarbeit zum Thema „Konzeption und Evaluation eines bewegungsorientierten Konzepts für die Kinderkrippe“ geschrieben. Inzwischen leitet sie ein Projekt zum Kinderschutz an Brandenburger Schulen.