Zusammenspiel von Pädagogik und SicherheitHier sind die Kleinen!

Damit die Erziehung von Krippenkindern gut und sicher gelingt, müssen die Rahmenbedingungen stimmen – sowohl für die Kinder als auch für die pädagogischen Fachkräfte. Die Kita „Am Breeden“ in Wiefelstede macht es mit klarem Konzept, Teamarbeit und Augenmaß vor.
Frau mit zwei Kindern am Frühstückstisch

KURZ GESAGT!

_Rituale und feste Strukturen sind für Krippenkinder wichtig – flexibles Reagieren auf ihre Bedürfnisse aber auch

_Ergonomische Hilfsmittel und gute Teamkommunikation entlasten die Fachkräfte

Ein Vormittag im hohen Norden. Wir betreten den Raum der „Schildkröten“. Sechs Kinder aus der Krippengruppe frühstücken gerade, ein paar andere spielen. „Wir haben hier gleitendes Frühstück“, erklärt Erzieherin Britta Stolle-Heuer und fügt schmunzelnd hinzu: „Wenn alle Kinder zusammen frühstücken würden, bräche hier das Chaos aus.“ Da Rituale und klare Strukturen gerade für die unter Dreijährigen so wichtig sind, hat die Kita „Am Breeden“ in Wiefelstede bei Oldenburg feste Frühstückstage: Montags ist Müsli-Tag, dienstags gibt es Brot mit Käse und Gemüse, mittwochs steht Joghurt mit Obst auf dem Speiseplan, donnerstags und freitags wird Brot mit Wurst, Käse und manchmal Marmelade gereicht. Heute ist Freitag. Sechs Kinder sitzen am Tisch, Erzieherin Ines Grimmert hilft ihnen, schenkt Wasser in Becher, reicht Gurken, Tomaten und die von den Fachkräften geschmierten Brote.

Während seine Freunde noch essen, ist Taavi im Wasch- und Wickelraum. Schon einen Schritt weiter sozusagen. Vanessa Haase hilft dem Jungen die Aufstiegshilfe zum Wickeltisch hinauf. „Die Treppe ist eine große Erleichterung“, sagt die Erzieherin, „sonst ist das Heben auf Dauer zu belastend und man bekommt Rückenschmerzen.“ Noch dazu ist damit ein pädagogischer Effekt verbunden: „Einige Kinder kennen von zu Hause gar keine Treppenstufen und lernen so das Treppensteigen.“ Beim Wickeln selbst – Vanessa Haase benutzt aus hygienischen Gründen Einmalhandschuhe – ziehen wir uns selbstverständlich diskret zurück. Privatsphäre muss sein.

Wickeln beendet, für Taavi geht’s zurück in den Gruppenraum. „Die Treppe ist eine große Erleichterung“, sagt Vanessa Haase.

Pädagogisches Konzept als einheitliche Richtlinie

Die drei pädagogischen Fachkräfte, die heute im Einsatz sind und von Praktikantin Laura Schröder unterstützt werden, haben wir nun kennengelernt. Sie kümmern sich um 15 Kinder. Dafür gibt es schon seit Jahren ein gut durchdachtes pädagogisches Konzept, das sie gerade frisch überarbeiten und auf den neuesten Stand bringen. „Ein solches Konzept ist wichtig, damit man eine einheitliche Richtlinie hat und alle nach dem gleichen Ansatz arbeiten“, betont Britta Stolle-Heuer.

Die Eingewöhnung ist dabei ein zentrales Element. „Wir orientieren uns am Berliner Modell“, sagt Gruppenleiterin Stolle-Heuer. In der Regel sind die Eltern in den ersten drei Tagen für eine Stunde mit ihrem Kind in der Gruppe, am vierten Tag erfolgt der erste Trennungsversuch für etwa eine halbe Stunde. „Aber wir gucken individuell. Bei einigen geht die Eingewöhnung schneller, bei anderen dauert es eben länger.“

Bindung gelingt mit Blickkontakt und Spielzeug

Ähnlich flexibel sind sie in Wiefelstede in Sachen Bindung. Eine Erzieherin kümmert sich um das einzugewöhnende Kind. „Wenn es nicht passt und das Kind keinen Bezug aufbaut, wechseln wir“, sagt Britta Stolle-Heuer. Meistens klappt es aber. Ihr Trick aus langjähriger Berufserfahrung: immer in der Nähe und im Blickfeld des Kindes bleiben – und auch mal mit Spielzeug locken.

Ein solches streckt Lilo gerade Ines Grimmert traurig und hilfesuchend entgegen. Es ist ein Spielzeugbagger – allerdings in Einzelteilen. „Auto kaputtgegangen“, sagt das Mädchen und meint es weniger als Feststellung, sondern vielmehr als Aufforderung zur Instandsetzung. „Sollen wir ihn reparieren?“, fragt die Erzieherin. Lilo bejaht: „Heile machen.“ Was auch sonst, mit einem kaputten Bagger lässt sich schließlich nicht besonders gut spielen. Die losen Teile – eine Radachse mit Reifen und die Schaufel – sind wie alle Bestandteile der Spielzeuge, Puzzles und Bausteine so groß, dass die Kinder sie nicht verschlucken können. Die Motorik des Mädchens ist aber noch nicht ausgeprägt genug, um es allein zu schaffen. Auseinandernehmen klappt gut, beim Zusammensetzen ist Ines Grimmert als „Kfz-Mechanikerin“ gefragt. Wenig später sitzt die Achse wieder fest in der Aufhängung und die Schaufel an der Motorhaube. Bagger heile, Lilo glücklich.

Und Ines Grimmert ist es auch. „Die Kinder geben einem ganz viel zurück“, sagt die Erzieherin. Sie erhalte sehr viel positives Feedback. Nicht nur von den Kleinen, sondern auch von den Eltern, die ihre Kinder gut aufgehoben sehen. „So emotional ist es in der Regelgruppe nicht.“ Die Arbeit in der Schildkröten-Gruppe möchte sie deshalb nicht mehr missen. Britta Stolle-Heuer pflichtet ihr bei: „Die wenigsten werden auf der Arbeit so begrüßt wie wir und erst einmal in den Arm genommen.“

U3-Bereich fordert die volle Aufmerksamkeit

Anstrengend ist es im U3-Bereich aber schon, das räumen alle Erzieherinnen ein. Zu den körperlichen Belastungen gehören das Heben, Tragen und Wickeln ebenso wie das Spielen auf dem Fußboden. Und auch psychisch ist die Arbeit herausfordernd: „Wir müssen viel und schnell reagieren, immer aufmerksam und hellwach sein“, unterstreicht Ines Grimmert. Also müssen sich die Fachkräfte so aufteilen, dass alle Kinder immer beaufsichtigt sind. Nicht dass ein Kind ausbüxt, ein anderes beißt oder sich verletzt.

Gegen die körperlichen Belastungen hat die Kita über die Treppe im Wickelraum hinaus weitere Maßnahmen ergriffen. Die Fachkräfte haben ergonomische Gesundheitsstühle, damit sie nicht auf den Kinderstühlen an den Tischen sitzen müssen. In der „Schleuse“ zum Außenbereich steigen die Kinder auf ein kleines Podest, damit die Erzieherinnen sich nicht bücken müssen, wenn sie beim An- und Ausziehen helfen. Erhöhte Sitzkissen machen den Morgenkreis angenehmer. Für die Vorbereitungszeit steht im Flur vor dem Gruppenraum ein Tisch in Erwachsenenhöhe.

Notsituationen zeigen: Auf das Team ist Verlass

Am besten gelingt der Umgang mit den Belastungen als Team. Deshalb ist der Kita die kollegiale Vernetzung wichtig. Jeden Morgen Frühbesprechungen; jeden Montag eine kleine Dienstbesprechung für den pädagogischen Austausch; einmal im Monat eine große Dienstbesprechung, zu der sich die mehr als 30 Fachkräfte aus den sieben Gruppen der Kita und ihrer zwei Außenstellen einfinden. „Wir merken auch und gerade in Notsituationen, dass wir als Team gut funktionieren und dass wir uns aufeinander verlassen können“, hat Ines Grimmert festgestellt. Bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen springen andere Fachkräfte ein.

Vanessa Haase ist eine von ihnen, üblicherweise arbeitet sie in einer Regelgruppe. Den Kontakt zu den Krippenkindern empfindet sie als „intensiver, auch weil man viel pflegerisch tätig ist“. Für sie besteht – neben den Belastungen für Knie und Rücken – eine große Herausforderung darin, die Kinder erst einmal kennenzulernen: „Das ist schwieriger als bei den Großen, die ihre Wünsche und Bedürfnisse sprachlich schon besser ausdrücken können.“

Großer Bewegungsdrang – sogar im Ruheraum

Was auch nonverbal unschwer zu erkennen ist: der große Bewegungsdrang der Krippenkinder. Der Gruppenraum bietet dafür viel Platz. Auch der abgetrennte Ruheraum nebenan wird längst nicht mehr zum Schlafen genutzt – denn den Mittagsschlaf machen die Kinder zu Hause, die Betreuungszeit in der Krippe endet um 13 Uhr. „Sollte doch mal jemand früher müde werden, haben wir dafür einen Kinderwagen im Flur“, sagt Britta Stolle-Heuer. Also wird im Ruheraum geklettert, gehüpft und gerutscht. „Wir sind flexibel und schauen, was die Kinder an Bewegung brauchen. Wir versuchen, ihnen das dann mit unseren Materialien zu bieten.“

Von wegen Ruheraum! Bewegung ist angesagt. Fridolin und Emilian klettern und rutschen eifrig.

Einmal in der Woche ist außerdem Sporttag, die Turnhalle am Ende des Flurs gehört dann ausschließlich den „Schildkröten“. Das Außengelände mit Laufrädern, kleinem Sandplatzbagger, Nestschaukel und Wasserpumpe teilen sich die Krippenkinder mit der altersübergreifenden Gruppe der Drei- bis Sechsjährigen. Vor allem die Älteren müssen dann Rücksicht nehmen und wissen das auch. „Oh, die Kleinen kommen!“, heißt es dann von den Vorschulkindern. Also, Vorsicht: Nicht mehr so hoch schaukeln!

Auf dem Außengelände nehmen die Kinder der älteren Gruppe Rücksicht auf die „Schildkröten“-Kids – zum Beispiel beim Schaukeln.

Bei Ausflügen erleichtert ein großer Krippenwagen den „Schildkröten“ das Leben – und natürlich vor allem den Erzieherinnen. Sechs kleine Passagiere passen hinein. „Wenn wir mit der ganzen Gruppe durch den Ort spazieren oder zum Spielplatz gehen, hast du sechs Kinder schon mal untergebracht“, sagt Britta Stolle-Heuer. Das entlaste die Erzieherinnen. Und auch das Gerangel um die begehrten Sitzplätze lasse sich gut managen, indem auf dem Rückweg andere Kinder Platz nehmen dürften. Die Anschaffung eines zweiten Wagens sei jedenfalls schon geplant.

Ritual: Aufräumen vor dem Mittagessen

12 Uhr, Essenszeit. Die Kinder haben mitgeholfen, den Raum ratzfatz aufzuräumen. Wo vorher Puzzleteile, Bausteine und Spielzeugfahrzeuge den Boden säumten, herrscht nun eine Ordnung, als habe hier nie eine Horde von Spiel- und Bewegungswütigen herumgetollt. Das Aufräumen gehört zu den täglichen Ritualen. Wie das Händewaschen vor den Mahlzeiten. „Von allein machen die Kinder das aber nicht, es muss schon immer jemand dabei sein“, sagt Britta Stolle-Heuer. „Ansonsten ist alles überschwemmt.“

Ohne „Wasserschaden“ sind die Hände nun sauber und abgetrocknet. Drinnen portioniert Vanessa Haase die Mahlzeiten. Es gibt Gemüse-Lasagne. Wir wollen beim Essen nicht stören und verabschieden uns von den „Schildkröten“. Guten Appetit!

Das Händewaschen vor den Mahlzeiten gehört für die Kinder zu den täglichen Ritualen.

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