Gute Organisation, klare Abläufe im Alltag und dadurch mehr Zeit für die pädagogische Arbeit. Darauf setzt Birgit Uhrig, Leiterin der „Evangelischen Kindertagesstätte Nordheim“.
Teambesprechung in der Evangelischen Kindertagesstätte Nordheim.

Das Quiz fürs Sommerfest will Erzieherin Heike Ehret eigentlich schon längst fertig haben. Aber irgendwas kommt immer dazwischen. Deshalb schiebt ihre Kollegin sie kurzerhand aus dem Gruppenraum: „Ich übernehme hier für dich. Geh du doch einfach hoch in den Personalraum.“ Ein typischer Vorgang in der Kita im hessischen Nordheim: Egal, ob kurz-fristig ein Frühdienst gesucht wird oder jemand länger bleiben muss – stets melden sich gleich mehrere Personen freiwillig. Für Heike Ehret ist der Grund ganz klar: „Die Stimmung im Team passt.“ Sie selbst fährt jeden Tag gerne zur Kita. „Alle fühlen sich wohl.“

 

KURZ GESAGT!

  • Klare Strukturen sparen Zeit und Nerven
  • Das Team einbeziehen, Verantwortung übertragen
  • Regelmäßige Fortbildungen steigern die Motivation

 

Klare Abläufe festlegen

Wie gelingt so etwas? Birgit Uhrig, die Leiterin der Kita, zeigt auf sechs pinke Ordner, die sich im Holzregal in ihrem Büro aneinanderreihen: „Das macht’s.“ Die Einrichtung sei top in der Qualitätsentwicklung. So gut wie
alle Abläufe sind detailliert festgeschrieben, auf DIN-A4-Seiten getippt und in Klarsichtfolien abgeheftet. Wie läuft der Laternenumzug ab? Was gehört ins Portfolio? Wie funktioniert die Anmeldung? Die Antworten auf alle großen und kleinen Fragen im Kita-Alltag finden sich in den Ordnern. „So fühlen wir uns sicher in dem, was wir tun“, sagt die Leiterin. Die Ordner helfen bei einem gut gelebten Alltag. Ihre Mitarbeiterin Heike Ehret ergänzt: „Durch das Festschreiben haben wir klare Abläufe. Nicht Wischiwaschi.“

Das Team spart dadurch bei organisatorischen Dingen viel Zeit. So können sich die Erzieherinnen mehr um die Kinder kümmern, mit pädagogischen Themen beschäftigen und „Das entlastet sehr“, sagt Birgit Uhrig. Was zum Beispiel fürs Sommerfest eingekauft werden muss, sei in fünf Minuten abgehakt. Früher hätten sie in Teamsitzungen immer erst alte Protokolle rausgekramt, überlegt, was damals besprochen wurde. Jetzt reicht ein Blick aufs Papier, ein Anruf beim Getränkehändler – und fertig. „Das geht ruck-zuck“, betont die Pädagogin.

Keine Grundsatzdiskussionen

Ein weiterer Vorteil der guten Organisation: „Es gibt weniger Zündstoff für Konflikte“, sagt Birgit Uhrig. So müsse in Teamsitzungen nicht alles zum hundertsten Mal besprochen werden. Immer wieder neue Grundsatzdiskussionen in der großen Runde könnten ziemlich anstrengend sein, pflichtet Heike Ehret bei. Statt dessen wird vieles an Kleingruppen delegiert und so Partizipation gelebt. Die Kolleginnen setzen sich beispielsweise zusammen und überlegen, wie eine Kinderkonferenz am besten abläuft oder was zum Frühstück aufgetischt wird. Das Ergebnis wird schriftlich für den Rest des Teams festgehalten. Die Leiterin korrigiert die Texte nicht, verbessert keine Kommas. Das ist für Birgit Uhrig eine Frage von Respekt und Vertrauen. „Wenn ich ihnen die Aufgabe gebe, traue ich sie ihnen auch zu“, betont die Pädagogin.

Alle fünf Jahre kommt eine externe Gutachterin mit einer Checkliste vorbei, führt Gespräche und prüft die Qualitätsentwicklung des Hauses. Dafür erhält die „Evangelische Kindertagesstätte Nordheim“ das Gütesiegel der Bundesvereinigung Evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder e. V. (BETA). Viele Einrichtungen schreckten davor zurück, sich damit noch mehr Arbeit aufzuhalsen, berichtet Birgit Uhrig. Dabei gelte es nur, einmal aufzuschreiben, was man tagtäglich tut – und warum. „Gut ist es, kontinuierlich dranzubleiben.“

Zeitplan bei Sitzungen

Zum Erfolgsrezept dieser Kita gehört: Alles ist klar strukturiert. So gibt es bei den Teamsitzungen einen Zeitplan, der mit Filzstift ans Flipboard geschrieben wird. Fünf Minuten am Anfang schwätzen ist in Ordnung. Aber danach achtet Birgit Uhrig strikt darauf, dass niemand abschweift. Mit dem Ergebnis: „Wir sind sehr effektiv.“

Ein Erfolgsrezept der Kita: Alles ist klar strukturiert. Dadurch verlaufen auch die Teambesprechungen sehr effektiv.

Klare Strukturen bestimmen hier auch die Dienstpläne. Alle haben jede Woche die gleichen Arbeitszeiten. Auch dafür gilt: Bloß keine Zeit verschwenden – und Stress vermeiden. Viele Kitas hätten wechselnde Dienstpläne, berichtet Birgit Uhrig. „Das kostet die Leitung viel Zeit.“ In der Einrichtung in Biblis sind die Dienstzeiten so verteilt, dass alle damit zufrieden sind. „Das passt immer“, so die Leiterin. „Erstaunlicherweise.“ Anderswo, fügt Heike Ehret hinzu, gebe es oft Zoff, wer welche Dienste hat. „Dadurch werden viele Kräfte verbraucht. Das hat Auswirkungen auf die Stimmung im Team.“ Meist hätten jene das Nachsehen, die am wenigsten „Nein!“ sagen könnten. Das sorge für Unmut. Gerechtigkeit wird in der Kita großgeschrieben.

Der Blick von außen ist wichtig

Gut geplant werden in der Kita die Fort- und Weiterbildungen. In der Regel nimmt jeder einmal pro Jahr an einem Seminar teil. „Der Blick von außen ist wichtig“, findet die Leiterin. Einmal aus der Einrichtung rausgehen und neue Impulse ins Team einbringen. Sie hat die Erfahrung gemacht: „Fortbildungen fördern die Motivation.“ Wenn sie selbst ein interessantes Angebot entdeckt, fragt sie ihr Team: Wer hat Bedarf, was braucht die Einrichtung und welche Person hat entsprechende Interessen? Dabei achtet Birgit Uhrig darauf, wer an der Reihe ist.

Der Leiterin ist wichtig, dass jeder im Team seine Stärken einbringen kann. „Dann machen alle die Arbeit mit Freude“, so die Erfahrung der 57-Jährigen. „Eine Kollegin zum Beispiel wandert leidenschaftlich gerne. In der Kita geht sie regelmäßig raus, spaziert mit den Kindern durch Felder – und freut sich mit ihnen zusammen über jeden Käfer.“

Gute Stimmung im Team

Zur guten Stimmung im Team tragen auch Aktivitäten jenseits des Kita-Alltags bei: Zweimal pro Jahr gehen alle zusammen ins Restaurant. Außerdem gibt es zwei Partys in der Kita. Jeder bringt Kuchen oder Salat mit, die Erzieherinnen drehen die Musik auf und tanzen in der Küche. Es gilt die Regel: Wer als Letztes nach Hause geht, räumt vorher auf. „Das funktioniert wunderbar“, sagt Birgit Uhrig. Dafür gibt es am Montagmorgen ein dickes Lob.

 

WEITERE INFORMATIONEN

Gute, gesunde Führung ist ein Handlungsfeld der DGUV-Kampagne kommmitmensch. Mehr dazu unter:
www.kommmitmensch.de
> Handlungsfelder > Führung

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