Wir leben Inklusion

Daniela Koffmane sitzt seit einem Schulunfall im Rollstuhl. Von ihrem Traumberuf Erzieherin hat sie sich dadurch nicht abbringen lassen und arbeitet seit drei Jahren in der barrierefreien Kita Turnerstraße. Davon profitieren alle.
Portrait von Daniela Koffmane. Sie ist Erzieherin in der Protestantischen Kindertagesstätte Turnerstraße in Kaiserslautern und sitzt im Rollstuhl.

Vor einigen Jahren sagte jemand zu Daniela Koffmane: „Erzieherin ist kein geeigneter Beruf für eine Person im Rollstuhl.“ Für sie kein Grund, sich entmutigen zu lassen. Seit einem Schulunfall sitzt sie im Rollstuhl. Nach dem Abitur stand für sie fest: Ich werde Erzieherin. Daran hat sie festgehalten.

Seit drei Jahren arbeitet sie in der Protestantischen Kindertagesstätte Turnerstraße in Kaiserslautern. Dort ist die 36-Jährige ein wichtiger Teil des Teams, wie Kita-Leiterin Nadine Krämer-Bernhard erklärt. Ihr Rollstuhl? Fällt hier nicht auf. „Für die Kinder ist das völlig normal. Sie sehen keinen Unterschied zwischen meinem Rollstuhl und der Brille einer Kollegin“, sagt Daniela Koffmane.

Auch für die Arbeit im Team ist das nicht von Belang. Der Tagesablauf ist für alle pädagogischen Fachkräfte derselbe, die Aufgaben sowieso. „Alle sind hier sehr offen, nehmen Rücksicht aufeinander und unterstützen sich gegen-seitig“, erklärt die Erzieherin. Ihr Rollstuhl wird dabei schon gar nicht mehr wahrgenommen.

 

KURZ GESAGT!

  • Auch Menschen im Rollstuhl können als Erzieher oder Erzieherin arbeiten
  • Kinder lernen Vielfalt kennen
  • Berührungsängste werden genommen
  • Neubauten sollten barrierefrei geplant werden

 

Zugang ermöglichen

Die Kita ist barrierefrei. Darauf wurde beim Neubau viel Wert gelegt. „Das ist uns sehr wichtig bei Sanierungen und Neubauten. So können wir allen den Zugang zu unseren Kitas ermöglichen“, sagt Michael Sattel, Geschäftsführer der Gesamtkirchengemeinde Kaiserslautern, dem Träger der Kita. In der Turnerstraße ließ man zu Beginn der Tätigkeit von Daniela Koffmane zusätzliche Rampen installieren. So kann sie das Außengelände von jedem Gruppenraum aus problemlos erreichen. Überhaupt gelangt sie bis in den letzten Winkel der Kita. „Ich habe einen sehr schmalen Rollstuhl. Deshalb kann ich beispielsweise auch in die Kindertoiletten fahren.“

Keine Berührungsängste

Vorurteile gegen Behinderungen? In dieser Kita Fehlanzeige. Auch die Eltern sind aufgeschlossen. Hier war sofort klar, dass die Kinder von der gelebten Inklusion profitieren. Sie lernen Vielfalt kennen, Rücksicht zu nehmen, und bauen erst gar keine Berührungsängste auf. „So sammeln sie Erfahrungen, die sie für den Rest ihres Lebens prägen“, erklärt Nadine Krämer-Bernhard. Das äußert sich schon im Kita-Alltag. Die Kinder denken mit, wissen, was mit Rollstuhl geht und was nicht. Einmal fragte eine Mutter ihr Kind, wieso es vor ihr immer wegläuft, aber vor Daniela Koffmane nicht. „Das Kind antwortete nur: Na weil sie mir nicht hinterherrennen kann“, sagt die Erzieherin und lacht.

Auch die sprachliche Entwicklung wird so gefördert. „Ich muss viel über Worte regeln“, erzählt Daniela Koffmane. Beispielsweise wenn tatkräftige Hilfestellung durch einen Erwachsenen gefragt ist. Dann erklärt die Erzieherin, wie die Kinder die Situation selbst lösen können. So werden auch Motorik und Resilienz gestärkt.

Viele Kinder sind neugierig auf den Rollstuhl. Immer wieder fragen sie, ob sie auch einmal fahren dürfen. „In meiner Gruppe kann jedes Kind Rollstuhl fahren. Sie lernen das schneller als Erwachsene.“ Dann setzt sich Daniela Koffmane auf das Sofa ihres Gruppenraumes, gibt Tipps und schaut dabei zu, wie die Kinder mit dem Rollstuhl herumsausen. Natürlich ist immer eine zweite Erzieherin dabei. Das eingespielte Kita-Team unterstützt sich gegenseitig, wo es kann. Wenn Daniela Koffmane doch mal an ihre körperlichen Grenzen kommt, ist immer eine Kollegin oder ein Kollege da und springt ein.

Ein paar kleine Schwierigkeiten gibt es dennoch: zum Beispiel die sehr hohe Klinke der Eingangstür. „Da ich mich auf derselben Ebene bewege wie die Kinder, komme ich da nicht dran“, erklärt die Erzieherin. Durch die richtigen baulichen Maßnahmen lässt sich sowas aber schon beim Neubau einer Kita vermeiden. An anderer Stelle hat ihre Perspektive Vorteile. Denn mit den Kindern bewegt sie sich auf Augenhöhe. Daniela Koffmane ist überzeugt: „Die Kita ist genau der richtige Arbeitsplatz für mich.“

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