KURZ GESAGT!
_Kitas profitieren von einer guten Beschwerdekultur
_Jede Beschwerde ernst nehmen und transparent damit umgehen
_Beschwerdemanagement ist Teil der Qualitätssicherung
Jede pädagogische Fachkraft in der Kindertagesbetreuung kennt solche und ähnliche Situationen:
Frau Niemann holt nachmittags ihre Tochter Suri aus der Kita ab, es ist ein freundlicher Tag, aber sicher nicht wärmer als 8 Grad. Die Kinder spielen auf dem Außengelände. Sie bemerkt direkt, dass Suri keine Jacke trägt, sondern nur einen dünnen Pullover. Darüber ärgert sie sich maßlos, denn sie hat schon mehrfach betont, dass das Kind bei solchen Temperaturen draußen eine Jacke tragen soll. Als sie Suris Sachen holen will, begegnet sie der Erzieherin Ute und geht grußlos und sichtlich verärgert an ihr vorbei. Diese reagiert erstaunt und sagt zu ihrer Kollegin: „Wir leben hier doch Partizipation mit den Kindern. Und wenn Suri keine Jacke anziehen möchte, werden wir sie nicht dazu zwingen. Warum ist Frau Niemann so verärgert?“
Beschwerden gehören zum Miteinander dazu
Beschwerden sollten nicht als Problem betrachtet werden, sondern als wichtige Informationsquelle. Durch sie kann ich erkennen:
- Was ist falsch gelaufen oder hat gestört?
- Wie können wir noch besser werden?
- Wie können Prozesse verbessert werden?
Wenn ein Kitateam offen und interessiert mit Beschwerden umgeht, kann es dadurch seine Arbeit und somit die Zufriedenheit der Familien (weiter) verbessern. Beschwerden sind also eine Chance, die Qualität in einer Kindertageseinrichtung weiterzuentwickeln.
Ein guter Prozess für das Beschwerdemanagement einer Kita besteht aus vier Schritten. Bezogen auf das obige Beispiel könnten diese so aussehen:
1) Beschwerdestimulierung
Die Erzieherin Ute sollte Frau Niemann auf die spürbare Verärgerung ansprechen und dazu motivieren, ihre Beschwerde zu formulieren. Frau Niemann sollte wissen, dass es dem Kitateam wichtig ist, ihre Unzufriedenheit zu verstehen.
Eine beschwerdefreundliche Umgebung vermittelt den Eltern, dass es vollkommen in Ordnung ist, Unzufriedenheiten zu äußern, und dass diese von den Beschäftigten der Kita ernst genommen werden. Eltern werden an verschiedenen Stellen dazu aufgefordert, sich mit ihren Anliegen an die Fachkräfte, die Kitaleitung oder den Elternausschuss zu wenden, und werden in Gesprächen und (anonymen) Umfragen immer wieder nach ihrer Zufriedenheit befragt. Vorstellbar ist auch ein „Kummerkasten“.
2) Beschwerdeerfassung
Die Erzieherin Ute sollte den Vorfall als Beschwerde offiziell annehmen und Verständnis signalisieren. Der Sachverhalt ist nicht zwischen Tür und Angel zu klären, deshalb lässt die Erzieherin Frau Niemann wissen, welche nächsten Schritte erfolgen, zum Beispiel ein Gespräch. Ute füllt das Beschwerdeformular aus und informiert die Kitaleitung über den Vorfall.
Falls eine Beschwerde nicht sofort besprochen und keine Lösung gefunden werden kann, sollte ein Formular vorhanden sein, in dem sachlich dokumentiert wird, worüber sich wer wann beschwert hat und was vereinbart wurde. Ein Beispiel für ein solches Formular finden Sie auf der KinderKinder-Webseite zum Herunterladen.
3) Bearbeitung der Beschwerde
Ist die Beschwerde zur Bekleidung ein Einzelfall, der nur Suris Mutter betrifft, sollte ihr die Einrichtung einen Gesprächstermin anbieten. Ein guter Einstieg könnte sein: „Ich habe den Eindruck, Sie ärgern sich über unsere Regelungen zur Bekleidung der Kinder draußen. Glauben Sie mir: Wir würden Suri immer ansprechen und mit ihr eine Lösung suchen, wenn wir den Eindruck hätten, dass sie zu dünn angezogen ist und sich erkälten könnte.“
In diesem Schritt sollte klar sein, wer im Team die Verantwortung für die Beschwerde übernimmt und beispielsweise die Klärungsgespräche führt. Sehr wichtig ist hier auch festzulegen, wann und von wem die Familie angesprochen und informiert wird.
4) Beschwerdeanalyse
Die Kitaleitung sollte alle Beschwerden in einem Ordner sammeln. Nur so ist es möglich, sicher nachzuvollziehen, ob es ähnliche Beschwerden eventuell schon häufiger gab. Aus dieser Erkenntnis könnte sie eine Informationsveranstaltung zum Thema Kinderpartizipation planen, um dort näher zu erklären, dass die Umsetzung von kindlicher Selbst- und Mitbestimmung eine Pflichtaufgabe für Kindertageseinrichtungen ist.
Es ist hilfreich, wenn die Kitaleitung die in einem Zeitraum angefallenen Beschwerden auswertet, um herauszufinden, ob bestimmte Bereiche oder Themen gehäuft betroffen sind. Sollte dem so sein, kann das Team genauer analysieren, ob es konzeptionelle Anpassungen oder einen besseren Dialog mit den Familien braucht.
Teams, die sich mit solchen und ähnlichen Fragen auseinan-dersetzen und in einen ehrlichen Dialog kommen, können ihre Beschwerdekultur optimal weiterentwickeln.
Fehler sind Helfer
In einer beschwerdefreundlichen Kita sollte sich das Team auch ohne konkreten Anlass mit dem Thema befassen. Gute Reflexionsfragen können dafür sein:
- Haben alle bei uns im Team das Recht, Fehler zu machen?
- Warum ist es wichtig zu akzeptieren, dass die Verantwortung für einen von mir gemachtem Fehler zunächst bei mir liegt?
- Wie können wir sensibel auch für nonverbale Beschwerden der Eltern werden?
- Werden Beschwerden von Eltern als willkommener Anlass betrachtet, den Dialog mit den Eltern zu intensivieren?
- Was tun wir, damit bei uns in der Kita eine möglichst fehlerfreundliche Kultur herrscht – Fehler also offen besprochen und nicht verschwiegen werden?
- Fühlt sich das komplette Team bei Beschwerden verantwortlich – bis die Beschwerde an der Stelle angekommen ist, an die sie gehört?
- Suchen wir die Ursache bei Problemen zunächst bei uns?
Exklusiv für Sie!
Einen Dokumentationsbogen für Elternbeschwerden, der sich ausdrucken oder auch am Computer ausfüllen lässt, sowie eine Kopiervorlage für Kummerkastenzettel finden Sie als kostenloses Download-Angebot unter:
www.kinderkinder.dguv.de/beschwerden