Betreuung eines Kindes mit Frühförderbedarf

Dies ist eine detaillierte Checkliste für Kitas, die ein Kind mit Frühförderbedarf betreuen. Diese Checkliste umfasst alle notwendigen Schritte von der Beobachtung über die Diagnose bis zur Bewilligung und Durchführung der Frühförderung:

1. Beobachtung und Dokumentation (Kita)

Regelmäßige Beobachtung des Kindes:

– Verhalten, Entwicklung und besondere Auffälligkeiten dokumentieren.

Führen von Beobachtungsprotokollen:

– Standardisierte Beobachtungsverfahren verwenden.

 2. Erstgespräch mit den Eltern (Kita)

Beobachtungen mit den Eltern besprechen:

– Vertrauen aufbauen und Sensibilität zeigen.

Vorschlag zur diagnostischen Abklärung:

– Gründe und mögliche Schritte erklären.

 3. Kontaktaufnahme mit dem Kinderarzt/der Kinderärztin (Eltern ggf. unterstützt durch Kita)

Eltern informieren und unterstützen:

– Beratung zur Vereinbarung eines Arzttermins.

Ärztliche Einschätzung:

– Kinderarzt/Kinderärztin erstellt eine erste Einschätzung und ggf. Überweisungen an weitere Fachleute bzw. den sozialpädiatrischen Dienst.

 4. Diagnostik (Fachärzten/Fachärztinnen, therapeutisches Personal)

Terminvereinbarung bei Fachärzten/Fachärztinnen und/oder Therapeutinnen/Therapeuten:

– Kinder- und Jugendpsychiater, Entwicklungsneurologen oder andere spezialisierte Fachärzte/Fachärztinnen und Therapeutinnen/Therapeuten.

Durchführung der diagnostischen Untersuchungen:

– Umfassende, altersgerechte, standardisierte Diagnosen und Tests.

 5. Diagnosebesprechung (Fachärzte/Fachärztinnen, therapeutisches Personal)

Diagnose mit den Eltern besprechen:

– Ergebnisse und empfohlene Maßnahmen erläutern.

 6. Erstellung eines Förder- und Behandlungsplans (Fachärzte/Fachärztinnen, therapeutisches Personal, Kita)

Gemeinsame Entwicklung eines Förderplans, individuelle Förderziele und Maßnahmen festlegen:

– Abgestimmt auf die besonderen Bedürfnisse des Kindes.

 7. Antrag auf Eingliederungshilfe/Frühförderung (Eltern, unterstützt durch Fachstellen, Kita)

Eltern bei der Antragstellung unterstützen:

– Hilfe bei der Beantragung der Eingliederungshilfe bei Jugendamt oder Sozialamt.

Erforderliche Unterlagen bereitstellen:

– Berichte und Dokumentationen zur Verfügung stellen.

 8. Prüfung und Entscheidung (Jugendamt/Sozialamt)

– Überprüfung der Unterlagen und ggf. Erstellung eines Gutachtens.

Entscheidung über Bewilligung:

– Mitteilung an Eltern und Kita.

 9. Vermittlung einer Integrationsfachkraft (Jugendamt/Sozialamt)

Kontaktaufnahme mit geeigneten Fachkräften:

– Vermittlung durch Jugendamt oder Sozialamt.

Zusammenarbeit organisieren:

– Integrationsfachkraft in den Kita-Alltag einbinden.

 10. Durchführung der Frühförderung (Kita, Integrationsfachkraft, Eltern)

Regelmäßige Förderung:

– Individuelle Maßnahmen im Kita-Alltag umsetzen.

– ggf. zusätzliche, gezielte Fördermaßnahmen

Dokumentation der Fortschritte:

– Regelmäßige Beobachtungen und Anpassungen des Förderplans.

 11. Regelmäßige Evaluation und Anpassung (Kita, Integrationsfachkraft, Eltern)

Regelmäßige Gespräche mit den Eltern:

– Fortschritte besprechen und Feedback einholen.

Überprüfung und Anpassung des Förderplans:

– Anhand der beobachteten Entwicklungen und Rückmeldungen.

 Wichtige Ansprechpartner

Eltern des Kindes:

– Enge Zusammenarbeit und regelmäßige Kommunikation.

Kinderarzt/Kinderärztin und Fachärzte/Fachärztinnen sowie Therapeutinnen/Therapeuten:

– Diagnostik und Empfehlungen.

Jugendamt/Sozialamt:

– Antragstellung und Bewilligung der Unterstützung.

Integrationsfachkraft:

– Unterstützung und Begleitung des Kindes im Kita-Alltag.

Abschluss

Dokumentation des gesamten Prozesses:

– Alle Schritte und Maßnahmen festhalten. Kontinuierliche Anpassung und Verbesserung der Fördermaßnahmen basierend auf Feedback und Evaluation.

Sie können die Checkliste hier als PDF herunterladen.

Frühförderung oder Frühe Hilfen?!

Frühförderung:

– Zielgruppe: Kinder, die durch biologische Schädigungen, Risiken oder gravierende psychosoziale Belastungen in ihrer Entwicklung gefährdet sind.

Ziele: Unterstützung positiver Entwicklungsverläufe, Prävention von Behinderungen oder Kompensation von bereits manifesten Behinderungen.

Ansatz: Starker Fokus auf die individuelle Förderung des Kindes und die Zusammenarbeit mit der Familie.

– Struktur: Besteht hauptsächlich aus regionalen Interdisziplinären Frühförderstellen und überregionalen Sozialpädiatrischen Zentren.

Frühe Hilfen:

– Zielgruppe: Richtet sich an Familien mit hohen psychosozialen Belastungen mit Kindern von 0-3 Jahren, um Risiken für das Kindeswohl frühzeitig zu erkennen und negative Entwicklungen zu verhindern.

– Ziele: Prävention von Kindeswohlgefährdungen, Stärkung der elterlichen Kompetenzen und Unterstützung der familiären Situation.

Ansatz: Multidisziplinäres und professionsübergreifendes Hilfesystem, das primär präventiv arbeitet und sich vor allem auf die elterlichen Ressourcen und Kompetenzen konzentriert.

– Struktur: Beinhaltet oft niedrigschwellige und aufsuchende Angebote, wie die Begleitung durch Familienhebammen im ersten Lebensjahr des Kindes.

Gemeinsamkeiten:

– Beide Systeme zielen darauf ab, das Kindeswohl zu sichern und positive Entwicklungsverläufe zu unterstützen.

– Beide bieten Unterstützung für Kinder und ihre Familien, um deren Lebenssituation zu verbessern.

Unterschiede:

– Schwerpunkt: Während die Frühförderung direkt auf das Kind und seine spezifischen Entwicklungsbedürfnisse fokussiert ist, zielen die Frühen Hilfen vorwiegend darauf ab, die Eltern zu unterstützen und deren Erziehungskompetenzen zu stärken.

Echt praktisch

Frühförderung, Hilfen zur Erziehung oder Frühe Hilfen? Die Frühförderung bzw. heilpädagogische Leistungen richten sich ganz konkret an das Kind. Um sie in Anspruch nehmen zu können, ist eine Diagnostik notwendig. Dies ist für Hilfen zur Erziehung nicht der Fall. Beides sind Antragsleistungen. Frühe Hilfen sind niedrigschwellig, richten sich an Familien mit Kindern von null bis drei Jahren und können ohne Antrag in Anspruch genommen werden. Eine genaue Übersicht haben wir für Sie zusammengestellt unter:
www.kinderkinder.dguv.de/fruehehilfen

Die Diakonie Pfalz beschreibt in ihrem Projektbericht „Herausforderungen durch Verhalten im pädagogischen Alltag professionell bewältigen“ praxisnahe Strategien zur Prozessentwicklung. Entwickelt und evaluiert durch das Projekt „Offensive Bildung“, bietet die Broschüre die Übersicht über ein empirisch fundiertes Curriculum mit Fortbildungsmodulen und Prozessbegleitungen, um Fachkräften individuelle Handlungsstrategien zu vermitteln. Ziel ist die Förderung optimaler Entwicklungschancen für Kinder und die Unterstützung der Fachkräfte bei ihrer täglichen Arbeit. Die Broschüre gibt es als PDF kostenlos unter:
https://kurzelinks.de/ats8

Die systemische Sicht auf herausforderndes Verhalten birgt den großen Vorteil, Zuschreibungen an das Kind zu vermeiden. Denn nach Auffassung vieler Pädagoginnen und Pädagogen zeigt ein Kind immer sein bestmögliches Verhalten. Das beschreibt gut der Kita-Fachtext „Jedes Verhalten macht Sinn. Herausfordernde Situationen in der Kita systemisch betrachtet“, der hier zum Download bereitsteht:
https://kurzelinks.de/q4bz

Wie beschrieben ist ein zentraler Punkt im Umgang mit Kindern, die herausforderndes Verhalten zeigen, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Eltern. Einen Leitfaden für Elterngespräche und weitere hilfreiche Materialien gibt es auf dem Internetportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA):
https://kurzelinks.de/lur7

In dem hörenswerten Podcast „Schätze finden – statt Fehler suchen. Herausforderndes Verhalten verstehen“ unterhalten sich Kindheitspädagogin Kathrin Hohmann und Fortbildnerin Anja Cantzler darüber, welche Gründe hinter kindlichem Verhalten stehen und wie Fachkräfte es handlungsleitend begleiten können:
https://kurzelinks.de/r473