Kindgerechter Umgang mit Krieg und Konflikten

Für Fachpersonal in der Kita ist es dabei besonders wichtig, sich einfühlsam und ruhig den Fragen von Kindern zu stellen, wenn diese über dramatische Entwicklungen in der Welt sprechen möchten. Denn die Angst von Erwachsenen kann Kinder zusätzlich verunsichern.

Know-how und Fachkompetenz spielen in diesem Kontext eine entscheidende Rolle, um feinfühlig auf die Kinder eingehen und sie bei der Verarbeitung und Einordnung unterstützen zu können. Besonders vor dem aktuellen Hintergrund der Ereignisse in der Ukraine und im Nahen Osten bietet das Staatsinstitut für Frühpädagogik (ifp) eine Sammlung von Informationsquellen und Orientierungshilfen zum altersgerechten Umgang mit Ängsten und Sorgen von Kindern an.

Die Handreichung „Kindgerechter Umgang mit Krieg und Konflikten. Handreichung für die Praxis in der Kindertagesbetreuung“ steht als PDF zum Download bereit.

Es werden außerdem Linksammlungen und weitere Materialien angeboten, etwa zu den Themen:

  • Umgang mit negativen Gefühlen – Stärkende Ansätze aus der Traumapädagogik
  • Krieg im Nahen Osten
  • Tipps für Fachkräfte und Eltern zum Thema Krieg und Konflikte
  • „Geflüchtete Kinder aus der Ukraine gut begleiten“

Alle Materialien sind auf der Website des ifp zu finden.

Miteinander reden – statt übereinander

KURZ GESAGT!

_Werte und Teamregeln bieten Orientierung

_Perspektivenwechsel erleichtert gegenseitiges Verständnis

_Kritik nach „WHWW“ vorbringen: Wahrnehmen, Hinhören, Wirkung, Wunsch

Manuela ist genervt. Die Erzieherin stört es enorm, dass ihr Kollege Michael regelmäßig zu spät in die Kita kommt. Das Problem ist aber nicht nur Michaels Unpünktlichkeit, sondern auch, dass Manuela es ihm nicht sagt. „Einige Konflikte werden erst dadurch groß und immer größer, weil kleinere Unstimmigkeiten nicht angesprochen werden“, weiß Kathrin Hohmann. „Pädagogische Fachkräfte möchten oft die Harmonie wahren und unterdrücken daher Störungen, bis sich diese nicht mehr verbergen lassen. Der Ärger kann dann etwa in passiver Aggression münden.“ Also: Manuela ignoriert Michael absichtlich oder rollt hinter seinem Rücken genervt mit den Augen.

Es sind Unterschiede im Denken, Handeln und Fühlen, die zu Spannungen führen. Das können beispielsweise unterschiedliche Auffassungen über die pädagogische Arbeit sein. Zum Problem werden die Differenzen, wenn sie nicht oder nicht richtig angesprochen werden. Schlechte Kommunikation setzt Hergen Sasse mit verletzender Kommunikation gleich: „Immer, wenn wir uns verletzt fühlen, reagieren wir mit einem Abwehrimpuls.“ Das bedeutet: Der oder die Verletzte wägt nicht rational ab, sondern reagiert reflexartig mit Kampf oder Flucht. „Wir finden uns dann oft auf einem ‚Kriegsschauplatz‘ wieder, wo wir mit Worten um uns schießen und uns gegenseitig verletzen.“

Klare Strukturen geben Fachkräften Sicherheit

Um gut mit Konflikten umzugehen oder sie gar nicht erst entstehen zu lassen, sind die Orientierung an grundlegenden Werten und das Aufstellen klarer Teamregeln wichtig. Sie könnten etwa lauten: „Wenn niemand etwas sagt, ist alles gut“ oder „Wir reden nicht (schlecht) über andere, wenn sie nicht da sind“. Die Kitaleitung sollte diese Werte vorleben und klare Strukturen schaffen: „Das gibt den Fachkräften Sicherheit“, sagt Hergen Sasse. „Sie dürfen zum Beispiel in Teamsitzungen keine Angst haben, durch Kritik bloßgestellt zu werden.“ Im konkreten Konfliktfall rät der Kommunikationscoach, zu versuchen, die Perspektive des Gegenübers einzunehmen. Also Verständnis für die andere Position zu entwickeln – ohne dass man mit der Position einverstanden sein muss. Beim Gespräch sollte man nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern das Thema kurz anreißen, damit sich das Gegenüber darauf einstellen kann. Außerdem sollte geklärt sein, ob er oder sie in dem Moment überhaupt bereit ist, darüber zu sprechen.

Sind die Voraussetzungen erfüllt, hat sich die Kritik nach dem Muster „WHWW“ bewährt: Wahrnehmen, Hinhören, Wirkung, Wunsch. Ein Beispiel: _WAHRNEHMEN Ich habe bemerkt, dass du Tobias heute Morgen die Spielecke verboten hast. _HINHÖREN Was war denn da los? Was ist passiert? _WIRKUNG Wir haben uns im Team dar auf geeinigt, die Kinder auf Augenhöhe und ohne Strafen zu begleiten. _WUNSCH Ich wünsche mir, dass du die Konflikte mit den Kindern ohne Strafe löst. Oder dass du den Konflikt an jemand anderen abgibst, wenn du merkst, dass du gestresst oder genervt bist. Können wir uns darauf einigen oder hast du eine bessere Idee? Mediation als letzter Ausweg Viele Konflikte lassen sich im Team lösen. Sind die Fronten allzu verhärtet, hilft eine Mediation/Konfliktbegleitung durch eine neutrale Person. „Meiner Erfahrung nach ist neben einer punktuellen Mediation die Entwicklung einer Konflikt- und Teamkultur notwendig, damit Teams auch künftig präventiv und aus eigener Kraft mit Konflikten umgehen lernen“, erklärt Hergen Sasse.

Die Fachleute

Hergen Sasse ist Konflikt- und Kommunikationscoach, Autor des Buches „Konflikte lösen“, Fortbildner und Berater im Bereich Konfliktmanagement und Kommunikation – auch für Kitas: www.sozialundstark.com Kathrin Hohmann ist Kindheitspädagogin (M. A.), Doktorandin, Podcasterin („Auf die ersten Jahre kommt es an“), Autorin (u. a. „Gemeinsam durch die Wut“ und „Augenhöhe statt Strafen“) und Fortbildnerin und setzt sich für eine achtsame sowie bedürfnisorientierte Pädagogik ein: www.kathrinhohmann.de

 

Konfliktpotenzial in der Teamentwicklung

„Wenn sich Teammitglieder als aktive Mitgestalter verstehen und ihre Ideen einbringen können, fördert dies eine positive Identifikation mit der Arbeit und dem Team“, sagt Kathrin Hohmann. „Allerdings können strukturelle Probleme – wie unklare Rollen und Entscheidungsbefugnisse – Konflikte verursachen.“ Man unterscheidet vier Phasen der Teamentwicklung, in denen unterschiedliche Konflikte auftreten können.

  1. Forming: das Kennenlernen
  2. Storming: das Aushandeln von Rollen
  3. Norming: das Festlegen von Teamvereinbarungen und Gesprächsregeln
  4. Performing: die produktive Zusammenarbeit

„In diesen Phasen müssen die Konflikte angemessen angegangen werden, um das Team in Richtung einer effektiven Zusammenarbeit zu führen“, fasst Kathrin Hohmann zusammen.