Rituale geben Orientierung

Frau Kowarz, welche Rituale gibt es in Ihrer Kita?

Unsere Kita verfügt über Hort, Kindergarten und Krippe. Jeder dieser Bereiche gestaltet seine Rituale selbstverständlich je nach Altersstufe und auch Gruppe individuell. Im Kindergarten ist etwa der Morgenkreis ritualisiert: Die Gruppen beginnen mit einem Guten-Morgen-Lied, danach verschaffen sich die Kinder und ErzieherInnen gemeinsam einen Überblick über die anwesenden Gruppenmitglieder und anschließend über den heutigen Tagesablauf, dargestellt an einer Tafel. Da wir eine katholische Einrichtung sind, haben wir einen christlichen Bildungsauftrag, weshalb das Ritual des Tischgebets vor der Brotzeit und dem Mittag essen fester Bestandteil in allen Bereichen und Gruppen der Kita ist. Im Kindergarten kommt hierfür der Gebetswürfel zum Einsatz, sodass die Kinder verschiedene Gebete kennenlernen und zugleich in Form von Partizipation miteinbezogen werden.

Auch die Geburtstagsfeiern sind von Ritualen geprägt. So wird immer „viel Glück und viel Segen“ gesungen und das Geburtstagskind erhält einen besonderen Platz. Außerdem gibt es an jedem Tag ein „Tageskind“, das die Kinder zählt, das Gebet würfelt oder auch das Spiel im Stuhlkreis aussuchen darf. In allen Kindergartengruppen wird zudem die Klangschale bei Übergängen eingesetzt, während wir in der Krippe hierfür Lieder singen wie „1, 2, 3 – das Spielen ist vorbei“.

Haben die Kinder ein Lieblingsritual?

In unserer Kinderkrippe lieben die Kleinen besonders das Austeilen der Trinkflaschen vor der Brotzeit. Zwei Kinder dürfen den anderen Kindern ihre Flasche an den Platz bringen. Dabei strahlen sie über das ganze Gesicht, was uns zeigt, dass sie sich in diesem Moment als selbstwirksam erleben und zudem mächtig stolz darauf sind zu wissen, wem die Flasche gehört und wo das jeweilige Kind sitzt.

Werden die Eltern einbezogen, zum Beispiel indem Rituale von zu Hause integriert werden?

Der Austausch und die Offenheit gegenüber den Eltern und deren Vorschläge sind die Grundlage für eine harmonische Zusammenarbeit. Gerade in der Eingewöhnung integrieren wir Rituale wie etwa das Singen zum Einschlafen oder das Einführen einer individuellen Verabschiedung an der Tür. Diese Rituale machen es den Kindern einfacher, sich schnell bei uns wohlzufühlen.

Gibt es auch manchmal Probleme bei der Umsetzung von Ritualen?

Die Coronapandemie stellte uns vor neue Herausforderungen. Es wurde zum Ritual,
dass die Kinder nach Ankunft in der Gruppe direkt zum Händewaschen gingen, so lauteten die Hygienevorschriften. Einige Kinder haben deutlich gezeigt, dass es ihnen schwerfällt, dies umzusetzen, da jedes Kind in der Regel seinen eigenen Start in den Tag und die Gruppe hat – so manch eines beginnt sofort zu spielen, ein anderes möchte zunächst seine Freunde begrüßen. All dies war zu der Zeit nicht möglich, da alle den Tag mit dem Händewaschen beginnen sollten. Das haben wir zu Beginn dieses Kitajahres wieder geändert. Nun waschen sich alle Kinder wieder nach dem Morgenkreis die Hände, sodass sie unmittelbar vor der Brotzeit sauber sind. Es gehört zum Qualitätsmanagement und unserer professionellen Einstellung, den Tagesablauf stetig zu reflektieren und wo nötig anzupassen, auch die Rituale.

Kann es Ihrer Erfahrung nach auch ein „Zuviel“ an Ritualen geben?

Man sollte die Häufigkeit der Rituale im Blick haben. Gerade in der Krippe hat sich jedoch in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, dass viele Rituale für eine klare Struktur im Tagesablauf sorgen und den Kindern Halt geben.

Die Fragen stellte Sabine Biskup

 

Wenn Sie „Rituale“ in der Teamsitzung thematisieren möchten, finden Sie eine Übersicht hilfreicher Online-Publikationen über Rituale sowie eine Karte mit Reflexionsfragen unter
www.kinderkinder.dguv.de/rituale_fragen

Rituale – Reflexionsfragen für die Teamsitzung

Reflexionsfragen „Rituale“

  • Welche Rituale oder ritualisierte Handlungen gibt es in unserer Einrichtung? (täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich etc.)
  • Welche Rolle spielen unsere Rituale im Kita-Alltag?
  • Woher kommen sie?
  • Welche davon gefallen mir besonders?
  • Mit welchen Ritualen kann ich persönlich nichts anfangen?
  • Welches Ritual ist in unserem Kita-Alltag ganz besonders hilfreich? Woran kann das liegen?
  • Welches Ritual kommt bei den Kindern besonders gut an, welches langweilt sie?
  • Welche Rituale oder regelmäßigen Aktivitäten kosten Kraft und Energie, bringen aber nur wenig Mehrwert?
  • Empfinde ich ein Ritual als Bremsklotz? Warum?
  • Welches Ritual entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als Regel?
  • Haben die Kinder Einfluss auf die Gestaltung der Rituale?
  • Erklären wir den Eltern unsere Rituale ausreichend gut?
  • Bekommen Rituale der Familien – auch aus anderen Herkunftsländern – ausreichend Raum?

Die Fragen als Impuls für Ihre Teamsitzung herunterladen? Na klar!

Hier geht´s zum PDF.

 

Mehr Bewegung geht immer

Eigentlich sind Kinder von Geburt an in Bewegung. Sie wollen nicht still sitzen, sondern zappeln, krabbeln, hopsen, rennen, klettern und erkunden so ihre Welt. Diesen natürlichen Bewegungsdrang gilt es dauerhaft zu erhalten. Das ist zugleich einfach und schwierig. Einfach, weil Kinder schnell zu begeistern sind und Bewegungsangebote gern annehmen. Schwierig, weil in den Familien dem Thema weniger Bedeutung beigemessen und Kinder häufig ein bewegungsarmer Alltag vorgelebt wird. Kitas haben deshalb eine Schlüsselrolle. Hier ein paar Ideen, wie der Kita- Alltag ohne viel Aufwand noch bewegter wird.

Bewegte Rituale einführen

Zum Morgenkreis oder vor dem Essen: Wann immer es passt, machen ritualisierte Bewegungsspiele Spaß. Und die Großen machen natürlich mit!

Bewegungsgeschichten erzählen

Bewegungsgeschichten können ganz gezielt motorische Fähigkeiten schulen: Anschleichen auf den Zehenspitzen oder die Balance halten, wenn man so tut, als klettere man eine Leiter hinauf. Die pädagogische Fachkraft erzählt und leitet gleichzeitig die Bewegungen an. Ältere Kinder können die Geschichte weitererzählen. Nebeneffekt: Auch die Konzentrationsfähigkeit und Fantasie werden angeregt.

Seiltanz

Alles, was man braucht, sind Seile. Die Kinder legen die Seile in beliebiger Form aus. Als Kreise, Schlangen oder Achten. Dann balancieren sie (sock- oder barfuß) darauf. Jedes Kind darf auf jedem Seil tanzen.

Verrücktes Kartenspiel

Die Karten eines Kartenspiels (z. B. Uno) bekommen eine neue Bedeutung. Es wird normal gespielt, aber wenn bestimmte Karten abgelegt werden, muss das nachfolgende Kind eine bestimmte Bewegung ausführen – zum Beispiel dreimal Hampelmann machen oder auf einem Bein um den Spieltisch hopsen. Geht auch mit Würfelspielen.

Rasender Postbote

Die Kinder müssen „Briefe“ zu einem Ziel befördern, das ihnen angesagt wird, und zwar so schnell wie möglich. Alternative für mehr Platz: Es werden 20 durchnummerierte Umschläge und 20 Karten verteilt (oder auch verschiedene Farben). Die Kinder bringen die Karten zu den entsprechenden Umschlägen, tüten sie ein und transportieren sie zur „Postzentrale“ (immer nur ein Umschlag auf einmal).

Seifenblasen-Fangen

Nur für draußen! Ob große oder kleine Seifenblasen: Sie faszinieren. Feingefühl ist beim Pusten nötig, Bewegung entsteht beim Fangen, bei den Riesenseifenblasen auch beim Schwungholen mit den Stäben. Die Kinder mit der Seifenlösung nicht allein spielen lassen!

Ballspiele – auch ohne Ball

Wenn Ballspiele mit Fangen und Werfen aus räumlichen Gründen nicht machbar sind, eignen sich zumindest für drinnen Luftballons (es gibt dafür dünne Stoffhüllen, um sie stabiler zu machen) oder geknülltes Papier; mit leichten Schaumstoffbällen lassen sich auch Spiele im Sitzkreis realisieren.

Bewegungsparcours

Das geht auch auf kleinem Raum und mit Alltagsgegenständen. Kartons, Seile, Hocker, Tücher, Kissen und Decken: Darübersteigen, Durch- oder Drunterklettern, Balancieren sowie Werfen und Auffangen. Erfinden Sie mit den Kindern zusammen immer neue Aufgaben, wie der Parcours gemeistert werden muss.

Bewegung organisieren

Familien bewegen

Die Bandbreite an Möglichkeiten ist groß. Zusammen mit dem Elternbeirat kann die Kita einen Infonachmittag veranstalten und mit den Familien Ideen entwickeln. Hier einige Vorschläge: Spendenlauf für eine größere Anschaffung, eine Challenge, zum Beispiel: „Mindestens die Hälfte der Kinder kommt diese Woche zu Fuß zur Kita“ oder wöchentliche Aushänge oder E-Mails mit niedrigschwelligen Bewegungsangeboten für zu Hause (etwa die obigen Spielideen).

Netzwerke knüpfen

In Ihrer Kita gibt es keinen Bewegungsraum? Kirchengemeinden und viele Vereine haben meistens einen größeren Multifunktionsraum oder vielleicht dürfen Sie die Schulsporthalle mitbenutzen. Nachfragen lohnt sich! Der Weg dorthin gehört gleich mit zum Training (und zur Verkehrserziehung). Über den örtlichen Sportverein oder die Volkshochschule kann man ausloten, wie eine Kooperation aussehen könnte. Und: Wie handhaben es andere Kitas?

Von bestehenden Programmen profitieren

Unfallkassen, Krankenkassen und die Landessportjugend haben Material und viel Wissen, das Sie abrufen können. Meistens sogar kostenlos.

Zehn Gründe, warum Kinder Bewegung brauchen

Bewegung

1. ist gesund für den gesamten Körper
2. aktiviert das Immunsystem
3. unterstützt die kognitive Entwicklung
4. ermöglicht es, den eigenen Körper kennenzulernen
5. stärkt die sozial-emotionale Entwicklung
6. macht den Raum und die Umwelt und deren Gesetzmäßigkeiten erfahrbar
7. sensibilisiert für Natur und Mitgeschöpfe
8. drückt Gefühle aus
9.   ist fundamental für die Persönlichkeitsentwicklung
10. stärkt das Selbstbewusstsein und die Selbstständigkeit

Noch mehr Bewegungsideen, weitere Spiele, hilfreiche Links und ein geling-sicheres Rezept für Seifenblasen:
www.kinderkinder.dguv.de/bewegungsidee