Das Außengelände fest im Blick

Von Spielplatz- und Klettergeräten können hohe Verletzungsrisiken für Kinder ausgehen, wenn sie nicht sicher gestaltet oder aufgebaut sind. Deshalb ist eine regelmäßige Wartung und Überprüfung erforderlich. Dasselbe gilt für naturnahe Objekte, mit denen Aufenthaltsbereiche im Freien gestaltet wurden. Dazu zählen Konstruktionen aus Holz (z.B. mit biegsamen Weidenruten gebaute Kriechtunnel), Zäune oder Klettergerüste, doch auch Wasserflächen wie kleine Teiche oder Feuchtbiotope.

Um die Sicherheit der Kinder auch in den Außenbereichen der Kita zu gewährleisten, sind daher verschiedene Punkte zu beachten, unter anderem:

  • die Kontrolle bei Neuinstallationen oder wesentlichen Änderungen
  • die Überprüfung eines jeden Objekts vor Inbetriebnahme durch eine sachkundige Person
  • eine Wartung im Abstand von drei Monaten hinsichtlich Funktion, Zustand und Stabilität (inkl. Verschleiß/ Verrottung) der Geräte durch eine qualifizierte Person
  • die jährliche Kontrolle bzw. Hauptuntersuchung, vorzugsweise zu Beginn der Spielsaison

Werden bei einer Überprüfung erhebliche Mängel festgestellt, muss unverzüglich der Träger der Kita darüber in Kenntnis gesetzt werden. Wenn ein Gerät von dem Spielplatz entfernt wird, müssen alle im Boden verbleibenden Verankerungen oder Fundamente beseitigt oder mit Schutzvorrichtungen versehen und die Stelle gesichert werden.

Die DGUV informiert in ihrer Publikation „Außenspielflächen und Spielplatzgeräte“ über die konkreten Vorgaben.

Weitere Hinweise und Links zu Materialien sind auf der Website der UK NRW zu finden.

Kinderbeförderung mit Lastenfahrrädern – was zu beachten ist

Möchte etwa eine Kita-Fachkraft Kinder mit dem Lastenfahrrad mitnehmen, ist zum Beispiel unter anderem darauf zu achten, dass für die Kinder besondere, altersentsprechende Sitze vorhanden sind. So muss für jedes Kind ein eigener Sitzplatz mit Gurtsystem zur Verfügung stehen. Die Fachkraft muss das Anlegen der Gurte prüfen und außerdem darauf achten, dass die Kinder während der Fahrt keine gefährlichen Stellen, wie beispielsweise die Speichen der Räder, mit Händen oder Füßen erreichen können. Auch sollten die Kinder durch das Tragen eines Helmes geschützt sein.

Zu den vorsorglichen organisatorischen Maßnahmen zählt – neben natürlich der regelmäßigen Wartung und Instandhaltung des Lastenfahrrads – auch, dass das Einverständnis der Eltern für die Beförderung der Kinder eingeholt wird (per Einverständniserklärung). Außerdem sollte die Person, die das Lastenfahrrad fährt, nach § 12 Abs. 1 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) bereits vor der ersten Fahrt in der Nutzung des Fahrrades und zum Verhalten bei Pannen und/oder Unfällen unterwiesen worden und insgesamt geeignet sein, ein Lastenfahrrad zu führen. Zudem wird eine Probefahrt mit Beladung in sicherer Umgebung (ohne Verkehr) empfohlen.

Diese und alle weiteren Anforderungen sind der DGUV-Publikation zu entnehmen:

Lastenfahrräder zur Kinderbeförderung in Kindertageseinrichtungen – Was gilt es zu beachten?

Rituale geben Orientierung

Frau Kowarz, welche Rituale gibt es in Ihrer Kita?

Unsere Kita verfügt über Hort, Kindergarten und Krippe. Jeder dieser Bereiche gestaltet seine Rituale selbstverständlich je nach Altersstufe und auch Gruppe individuell. Im Kindergarten ist etwa der Morgenkreis ritualisiert: Die Gruppen beginnen mit einem Guten-Morgen-Lied, danach verschaffen sich die Kinder und ErzieherInnen gemeinsam einen Überblick über die anwesenden Gruppenmitglieder und anschließend über den heutigen Tagesablauf, dargestellt an einer Tafel. Da wir eine katholische Einrichtung sind, haben wir einen christlichen Bildungsauftrag, weshalb das Ritual des Tischgebets vor der Brotzeit und dem Mittag essen fester Bestandteil in allen Bereichen und Gruppen der Kita ist. Im Kindergarten kommt hierfür der Gebetswürfel zum Einsatz, sodass die Kinder verschiedene Gebete kennenlernen und zugleich in Form von Partizipation miteinbezogen werden.

Auch die Geburtstagsfeiern sind von Ritualen geprägt. So wird immer „viel Glück und viel Segen“ gesungen und das Geburtstagskind erhält einen besonderen Platz. Außerdem gibt es an jedem Tag ein „Tageskind“, das die Kinder zählt, das Gebet würfelt oder auch das Spiel im Stuhlkreis aussuchen darf. In allen Kindergartengruppen wird zudem die Klangschale bei Übergängen eingesetzt, während wir in der Krippe hierfür Lieder singen wie „1, 2, 3 – das Spielen ist vorbei“.

Haben die Kinder ein Lieblingsritual?

In unserer Kinderkrippe lieben die Kleinen besonders das Austeilen der Trinkflaschen vor der Brotzeit. Zwei Kinder dürfen den anderen Kindern ihre Flasche an den Platz bringen. Dabei strahlen sie über das ganze Gesicht, was uns zeigt, dass sie sich in diesem Moment als selbstwirksam erleben und zudem mächtig stolz darauf sind zu wissen, wem die Flasche gehört und wo das jeweilige Kind sitzt.

Werden die Eltern einbezogen, zum Beispiel indem Rituale von zu Hause integriert werden?

Der Austausch und die Offenheit gegenüber den Eltern und deren Vorschläge sind die Grundlage für eine harmonische Zusammenarbeit. Gerade in der Eingewöhnung integrieren wir Rituale wie etwa das Singen zum Einschlafen oder das Einführen einer individuellen Verabschiedung an der Tür. Diese Rituale machen es den Kindern einfacher, sich schnell bei uns wohlzufühlen.

Gibt es auch manchmal Probleme bei der Umsetzung von Ritualen?

Die Coronapandemie stellte uns vor neue Herausforderungen. Es wurde zum Ritual,
dass die Kinder nach Ankunft in der Gruppe direkt zum Händewaschen gingen, so lauteten die Hygienevorschriften. Einige Kinder haben deutlich gezeigt, dass es ihnen schwerfällt, dies umzusetzen, da jedes Kind in der Regel seinen eigenen Start in den Tag und die Gruppe hat – so manch eines beginnt sofort zu spielen, ein anderes möchte zunächst seine Freunde begrüßen. All dies war zu der Zeit nicht möglich, da alle den Tag mit dem Händewaschen beginnen sollten. Das haben wir zu Beginn dieses Kitajahres wieder geändert. Nun waschen sich alle Kinder wieder nach dem Morgenkreis die Hände, sodass sie unmittelbar vor der Brotzeit sauber sind. Es gehört zum Qualitätsmanagement und unserer professionellen Einstellung, den Tagesablauf stetig zu reflektieren und wo nötig anzupassen, auch die Rituale.

Kann es Ihrer Erfahrung nach auch ein „Zuviel“ an Ritualen geben?

Man sollte die Häufigkeit der Rituale im Blick haben. Gerade in der Krippe hat sich jedoch in den vergangenen Jahren immer wieder gezeigt, dass viele Rituale für eine klare Struktur im Tagesablauf sorgen und den Kindern Halt geben.

Die Fragen stellte Sabine Biskup

 

Wenn Sie „Rituale“ in der Teamsitzung thematisieren möchten, finden Sie eine Übersicht hilfreicher Online-Publikationen über Rituale sowie eine Karte mit Reflexionsfragen unter
www.kinderkinder.dguv.de/rituale_fragen

Zusatzinfos Snoezelräume

Ruhe- und Rückzugsorte für Kinder – ein paar Worte zur Sicherheit

In den Ruhe- und Rückzugsbereichen – etwa auch Snoezelräumen – sollten Sie vor allem älteren Kindern die Gelegenheit geben, sich zurückzuzie­hen. Auch sie müssen sicher gestaltet sein.

Die Ruhe- und Rückzugsbereiche können sich außerhalb oder innerhalb eines Grup­penraumes befinden, beispielsweise als Matratzenland­schaft, Hochebenen mit Kuschelecken, Schlafhöhle oder -podeste. Durch Regale, halbhohe Schränke oder Trenn­wände mit ausreichender Standfestigkeit können Sie die­se Bereiche abtrennen.

Da in solchen Ruhebereichen nicht alle Gefahren offen­sichtlich sind, gilt es, im Rahmen der Gefährdungsbeur­teilung insbesondere auf versteckte Gefahren und Risiken wie Fangstellen und Kleinteile zu achten.

Um zu vermeiden, dass sich Kinder strangulieren, sollten hinsichtlich möglicher Fangstellen die Vorgaben der Spiel­platzgerätenorm DIN EN 1176 angewendet werden Darüber hinaus gelten dieselben Sicherheitsanforderun­gen wie bei Schlafräumen.

Stellen Sie sicher, dass Kissen, Matratzen etc. regelmäßig gewaschen und gesäu­bert werden. Schreiben Sie dies in den einrichtungsspezi­fischen Hygieneplan. Hinweise und Vorgaben zur Hygiene erhalten Sie bei den Gesundheitsämtern.

Auf jeden Fall müssen Sie gegebenenfalls länderspezifi­sche Vorschriften beachten.

Aus: Branche Kindertageseinrichtungen, DGUV Regel 102-602 (https://repos.rms2cdn.de/files/kita/102-602.pdf)

Checkliste: Planung des Raumes

Es kann hilfreich sein, sich das Raumkonzept und -nutzung vorher aufzuzeichnen und dabei stets die Bedürfnisse der zu Betreuenden im Blick zu haben. Folgende Überlegungen und Hinweise helfen:

  • Ist der Raum barrierefrei zugänglich?
  • Soll der Raum im Sitzen, Liegen oder für bewegte Angebote genutzt werden?
  • Snoezelräume sollten von störenden Umwelteinflüssen getrennt sein und nicht in Eingangs- oder Durchgangsbereichen liegen.
  • Es sollten, wenn möglich, Schallschutz-Türen vorhanden sein.
  • Bestmöglich gibt es eine Trittschalldämmung sowie Verdunklungsmöglichkeiten (Fensterfolien, lichtdichte Rollos oder Vorhänge).
  • Achten Sie auf kindersichere Steckdosen und Verkabelungen.
  • Die Raumtemperatur und die Lüftung sollten regulierbar sein.
  • Die räumliche Gestaltung sollte anpassungsfähig und modellierbar sein.

Mensch – Arbeit – Zukunft 2024

Seit 2017 macht die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) mit ihren Fotowettbewerben auf gesellschaftlich relevante Themen aufmerksam. Die aktuelle Wettbewerbsrunde unter dem Motto „Mensch – Arbeit – Zukunft“ will die pädagogische Arbeit sichtbar machen und den Wert eines wirksamen Arbeitsschutzes in Kindertagesstätten und Krippen hervorheben.

Die Arbeiten können dabei sowohl positive Beispiele für gesundes Arbeiten in der Kita zeigen, als auch Hindernisse oder Herausforderungen, die zum Nachdenken anregen. Mögliche inhaltliche Ansatzpunkte sind zum Beispiel die Reduktion der Arbeitsbelastung durch etwa kleinere Gruppen oder eine gesunde Körperhaltung.

Der Teilnahmeschluss des Wettbewerbs ist der 15. November 2023. Es locken Preisgelder von insgesamt 26.000 Euro und die Gewinnermotive werden in einem Katalog sowie einer bundesweiten Ausstellungstour vorgestellt.

Mehr Informationen:

Zum Wettbewerb der BGW

Ohne Verletzungsgefahr ins Abenteuer

KURZ GESAGT!

_Spielebenen müssen einsehbar sein

_Auf Kopffangstellen und Absturzsicherung achten

_Unfallversicherungsträger berät bei der Planung

Ein niedriges Podest für die Krabbelkinder, eine Ritterburg aus Holz oder eine Empore, die den halben Raum ausfüllt und praktisch eine zweite Etage bildet – es gibt eine große Bandbreite an erhöhten Spielebenen. Die Vorgaben für die erhöhten Spielebenen in Kindertageseinrichtungen sind in der DGUV Vorschrift 82 und der DGUV Regel 102-602 festgeschrieben. Eine eigene Prüfnorm gibt es für sie jedoch nicht. Da die Gefährdungen oft ähnlich sind wie bei Spielplatzgeräten auf dem Außengelände, werden einige Anforderungen – wie beispielsweise Kopffangstellen – von dort abgeleitet.

Aber die Vorgaben der Spielplatzgeräte-Norm passen nicht generell. „Im Gebäude legt ja niemand Rindenmulch als Fallschutz aus“, veranschaulicht Präventionsexperte Holger Eckmann vom zuständigen DGUV-Sachgebiet einen Unterschied. „Einige Gefährdungen wird man drinnen nicht so gut abfedern wie draußen. Deshalb passieren bei erhöhten Spielebenen häufiger schwere Unfälle als bei Spielplatzgeräten.“

Als Aufsichtsperson der Unfallkasse Baden-Württemberg hat Holger Eckmann schon schlimme Unfälle in Zusammenhang mit Spielebenen dokumentieren müssen. Besonders gefährlich ist es, wenn Kinder mit den Köpfen stecken bleiben, zwischen den Stäben von Treppengeländern oder Brüstungen zum Beispiel. Oder wenn sie oben von der Spielebene hinabstürzen. Das kann auch passieren, wenn die vorgeschriebene Mindesthöhe von einem Meter für Umwehrungen (in erster Linie Brüstungen) eingehalten wird. Denn oft ist die Fläche auf der Empore oder dem Podest ja nicht leer. „Kinder nutzen zum Beispiel Möblierung wie Tische und Stühle als Aufstiegshilfe“, sagt Eckmann.

Netze sind die einfachste Lösung zur Absicherung

Nicht empfehlenswert seien geschlossene Brüstungen. „Die haben einen Aufforderungscharakter – die Kinder wollen dann obendrüber gucken.“ Also gilt: Erhöhte Spielebenen müssen einsehbar sein. Zum einen, damit die pädagogischen Fachkräfte auch von unten ihrer Aufsichtspflicht nachkommen können. Zum anderen, um den Kindern keinen Anreiz zu bieten, über die Brüstung zu klettern.

„Eine Spielebene lässt sich mit einfachen Methoden absichern“, sagt Eckmann. Beispielsweise mit Netzen, um die Brüstung zur Decke zu schließen. „Das ist die praktikabelste und einfachste Lösung.“ Dabei müsse darauf geachtet werden, dass das Netz eine kleine Maschenweite habe, damit sich kein Kind mit dem Kopf darin verfängt.

Damit die Kinder sicher auf die erhöhte Spielebene rauf- und wieder runterkommen, eignen sich Treppen. Leitern dagegen nicht, denn hier müsste die Kita wieder für Fallschutz sorgen. „Am besten sind Treppen mit geschlossenen Stufen, unter denen die Kinder nicht durchrutschen können“, erklärt Holger Eckmann. „Auch eine seitliche Absturzsicherung – also ein Handlauf oder ein Geländer – ist immer erforderlich, damit niemand runterfallen kann.“

Vorsicht ist vor allem geboten, wenn erhöhte Spielebenen nachträglich eingebaut oder im Raum aufgestellt werden. Plötzlich kann es sein, dass Kinder an Objekte heranreichen, an die sie nicht heranreichen sollten: an Deckenlampen zum Beispiel, die heiß und zerbrechlich sein können, auch Stromschläge drohen. Oder an Fenster, die vorher keine Rolle gespielt haben, weil sie außer Reichweite der Kinder waren.

Vom Eigenbau von Spielebenen rät Aufsichtsperson Eckmann ab. Das Anlegen eines Barfußpfades oder die Installation eines Balancierbalkens in niedriger Höhe seien in Ordnung. „Aber die kritische Grenze ist erreicht, wenn es in die Höhe geht, wenn Statik ins Spiel kommt und wenn es um Fang-, Scher- oder Quetschstellen geht.“ Dafür seien Fachkenntnisse gefragt. Eckmann empfiehlt den Kitas, sich schon in der Planungsphase vom zuständigen Unfallversicherungsträger beraten zu lassen: „Dafür sind wir da.“

10 Kriterien für erhöhte Spielebenen:

  1. Aufstellung: Sicherheitstechnische Aspekte bei der Planung berücksichtigen.
  2. Statik: Die Ebenen müssen standsicher sein und die Belastungen aushalten.
  3. Aufsicht: Spielebenen müssen von außen einsehbar sein.
  4. Begehbarkeit der Ebene: Erwachsene müssen die Spielebene im Notfall schnell und sicher erreichen können.
  5. Brandschutz: Fluchtwege frei halten, am besten Rücksprache mit vorbeugendem Brandschutz oder Feuerwehr.
  6. Absturzsicherung: Ab einem Meter Absturzhöhe Umwehrungen von mindestens einem MeterHöhe, ggf. mit Netzen zur Decke absichern. Kinder dürfen nicht durch Umwehrungen (vertikale Geländerstäbe) hindurchfallen können.
  7. Aufstiege: Vorzugsweise Treppen mit geschlossenen Stufen sowie Handläufe bzw. Geländer verwenden. Kopffangstellen vermeiden.
  8. Beleuchtung: Leuchten dürfen nicht zugänglich oder müssen geschützt sein (Elektrizität, Hitzeentwicklung, Zerbrechlichkeit).
  9. Verglasungen: Fenster dürfen nicht zugänglich sein, auf Bruchsicherheit achten.
  10. Akustik: Trittschalldämmende Beläge bei der Planung berücksichtigen.

Die Branchenregel Kindertageseinrichtung ist hier abrufbar:
www.dguv.de, Webcode: p102602

Ein thematisch passendes Infoblatt der Unfallkasse Nord gibt es hier als PDF:
https://kurzelinks.de/avs1

Eine Checkliste für Planung und Bau erhöhter Spielebenen finden Sie auf der Seite „Sichere Kita“:
https://www.sichere-kita.de/pdf/128

Mit Vorsicht zu behandeln

KURZ GESAGT!

  • Bestandsaufnahme: In jeder Kita gibt es Gefahrstoffe
  • Viele Stoffe lassen sich durch ungefährlichere Alternativen ersetzen
  • Kinder verstehen altersgerechte Erklärungen, warum gefährliche Stoffe für sie tabu sind

Sie glauben nicht, dass es in Ihrer Kita Gefahrstoffe gibt? Dann Sie wissen ja, dass beides so gar nicht zusammenpasst: kleine Kinder und gefährliche Substanzen. Aber was ist mit dem lösemittelhaltigen Alleskleber, den Sie zwar weit hinten in der Schublade aufbewahren, aber manchmal doch einsetzen, weil sich nicht alles mit Bastelleim kleben lässt? Natürlich ist er für die Kinder tabu. Doch dann kommt Neele und sagt, ihr wäre ein Malheur passiert, und so bleibt die Tube auf dem Tisch liegen, während Sie schnell die Bescherung aufwischen und dem Kind beim Umziehen helfen. Alltag eben. Ob sich alle Kinder erinnern, dass dieser Kleber nur von Ihnen benutzt werden darf?! Carolin Langer ist Aufsichtsperson der Unfallkasse Sachsen. Für eine solche Situation empfiehlt sie: „Wenn wirklich keine Zeit ist, den Klebstoff wegzuräumen, muss die Erzieherin um Unterstützung bitten.“ In den Gruppenräumen haben Produkte, die Gefahrstoffe enthalten, nämlich absolut nichts verloren. In einem Materiallager, zu dem Kinder keinen Zutritt haben, gibt es auch für die Tube Alleskleber einen sicheren Platz. Tipp der Fachfrau: „Im Idealfall hat die Tür zum Materialraum einen Knauf, damit Kinder sie nicht selbstständig öffnen können. So wird außerdem von vornherein vermieden, dass jemand vergisst, die Tür abzuschließen.“

Bestandsaufnahme und Gefahrstoffverzeichnis

Hilfreich kann es sein, etwa an „Aufräumtagen“ eine Bestandsaufnahme zu machen, welche Stoffe und Arbeitsmaterialien, die in der Einrichtung verwendet werden, potenziell gefährlich sind. Erkennbar sind sie an den rautenförmigen Symbolen mit rotem Rand auf der Verpackung. Manchmal tauchen auch noch alte Produkte mit orangefarbenen Symbolen auf. „Die dürfen zwar weiterverwendet, aber nicht mehr verkauft werden“, erklärt Sebastian Hellmann, ebenfalls Aufsichtsperson der Unfallkasse Sachsen. „Aber ganz egal, ob neue oder alte Symbole: Die Beschäftigten müssen wissen, was sie bedeuten. Damit das so ist, müssen sie unterwiesen werden.“

Gefahrstoffe, das können lösemittelhaltige Far-ben, Lacke und Verdünner sein, auch Haushaltschemikalien für die Küchen- und Sanitärreinigung. Diese sind ätzend oder reizend, ebenso wie Spülmaschinenmittel, Bleiche und Entkalker. Spraydosen enthalten oft leicht entzündliche Treibgase, die als gefährlich eingestuft werden. Hellmann: „Die Gefahrstoffverordnung schreibt eigentlich ein Gefahrstoffverzeichnis vor. Wenn aber nur sehr geringe Mengen an Gefahrstoffen vorhanden sind, kann darauf verzichtet werden. Eine Übersicht über den Bestand sollte aber in jedem Fall vorhanden sein.“

 

Warum ein Gefahrstoffverzeichnis sinnvoll ist

Das Gesetz schreibt vor, dass überall dort, wo Gefahrstoffe eingesetzt werden, ohne Ausnahme eine Gefährdungsbeurteilung gemacht werden muss (§ 6 der Gefahrstoffverordnung). Die Gefährdungsbeurteilung kann etwa anhand der Sicherheitsdatenblätter der jeweiligen Produkte durchgeführt werden, die man von den Webseiten der Hersteller beziehen kann und die Sie ohne-hin griffbereit haben sollten. Wenn die Gefährdungs-beurteilung ergibt, dass nur eine geringe Gefährdung von den Stoffen ausgeht, müssen die Stoffe nicht in ein Gefahrstoffverzeichnis aufgenommen werden. Trotzdem hat ein Gefahrstoffverzeichnis Vorteile: Sie bekommen so einen raschen Überblick über die vorhandenen Gefahrstoffe in Ihrer Einrichtung und können beurteilen, welche womöglich gar nicht mehr benötigt und entsorgt oder aber durch andere, ungefährlichere ersetzt werden könnten. Auch bei möglichen Notfällen haben Sie so alle Informationen schnell zur Hand.

Mehr zu den gesetzlichen Vorgaben und deren Umsetzung in der Praxis finden Sie unter www.komnet.nrw.de in den Dialogen mit den Nummern 13207, 22273, 18145 und 2971. Tipp: Lassen Sie sich von Ihrer Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten!

 

Reinigungsmittel kindersicher aufbewahren

Unvermeidbare Gefahrstoffe, selbst in Kindertageseinrichtungen, sind Reinigungsmittel. Ob Spülmaschinentabs, Handspülmittel oder Sanitärreiniger: Das alles gehört nicht in Kinderhände. Aber auch wenn es hinter geschlossenen Schranktüren aufbewahrt wird: Kinder sind findig. Überall dort, wo Kinder unbemerkt hineingehen können, müssen gefährliche Produkte so aufbewahrt werden, dass sie unzugänglich für die Kleinen sind. Das heißt also: Schränke absperren oder die Mittel weit nach oben räumen. Auch auf der Personaltoilette und in der Küche. „Außerdem dürfen Gefahrstoffe nicht neben Lebensmitteln oder anderen harmlosen Stoffen und Gemischen gelagert werden und schon gar nicht in Lebensmittelbehältern, wie Joghurtbechern oder Saftflaschen“, führt Hellmann aus.

Sonderfall Desinfektionsmittel

Bedingt durch die Coronapandemie sind inzwischen überall Desinfektionsmittel vorhanden. Viele Kinder mögen den Geruch und bedienen sich gern. Aber: Desinfektionsmittelspender sollten fest und immer außerhalb der Reichweite von Kindern montiert sein. Carolin Langer warnt: „Desinfektionsmittel sind Gefahrstoffe und dürfen nicht in Kinderhände gelangen. Ihre Anwendung muss auf die im Hygieneplan vorgesehenen Tätigkeiten beschränkt sein.“

Es ist immer besser, nicht nur ein Verbot auszusprechen, sondern es auch zu begründen. Die meisten Kinder sind wissbegierig und können schon – abhängig vom Alter und Entwicklungsstand – kindgerechte Erklärungen verstehen, warum bestimmte Sachen nicht für sie geeignet sind. Mit älteren Kindern können Sie dazu sogar kleinere Experimente machen, zum Beispiel um die Wirkung von säurehaltigen Reinigungsmitteln vorzuführen: Geben Sie dazu einige Tropfen Essigreiniger oder Entkalker auf ein Stück Eierschale. Es beginnt leicht zu schäumen, die Schale löst sich. Klar, dass diese Mittel auch für die Haut nicht gut sein können. Generell bietet es sich an, überall, wo es möglich und sinnvoll ist, milde und unbedenkliche Stoffe – am besten mit dem Kennzeichen Blauer Engel – zu verwenden. Carolin Langer meint dazu: „Prüfen Sie vor dem Einsatz eines Gefahrstoffs immer, ob dieser nicht durch ein ungefährliches Produkt ersetzt werden kann. Falls das gelingt, schließen Sie Gefährdungen für Kinder und sich selbst aus.“ Denn: Wo immer Gefahrstoffe vermieden werden können, dankt das nicht nur die Gesundheit, sondern (meistens) auch die Umwelt.

 

Achtung Notfall

Gefahrstoffe können, abhängig von ihren Eigenschaften, zu akuten Vergiftungen, Verätzungen, Reizungen oder erbrennungen führen. Bei schweren Gefahrstoffunfällen kontrollieren Sie immer die Vitalfunktionen (Atmung, Puls, Bewusstsein) und wählen Sie den Notruf (112)! Stellen Sie Reste des Gefahrstoffs oder das Etikett sicher. Bei weniger schweren Gefahrstoffunfällen und Anzeichen einer Vergiftung kontaktieren Sie den Giftnotruf oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (116 117).

Telefonnummern des Giftnotrufs
Berlin: 030 19240
Bonn: 0228 19240
Erfurt: 0361 730730
Freiburg: 0761 19240
Göttingen: 0551 19240
Mainz: 06131 19240
München: 089 19240

www.kurzelinks.de/gift-notruf

 

 

Mehr erfahren!?

Die Broschüre „Gefahrstoffe in Grundschulen und
Kindertageseinrichtungen“ geht vertieft auf die Problematik ein (PDF): www.kurzelinks.de/9sc7

Kleine Experimente zu Chemie im Alltag gibt es in einer PDF-Broschüre vom Haus der kleinen Forscher: www.kurzelinks.de/mm6i

 

 

Den Kindern einen Schritt voraus

„Bereits die Kleinsten lernen in unserer Einrichtung, den Alltag selbstständig zu bewältigen – aber schon eigenständiges Treppensteigen kann schnell zur Gefahr werden. Auch beim Spielen entgeht ihnen kein Detail, das sie erforschen wollen. Und sei es auch nur ein kleines Loch im Zaun. Die Kinder haben manchmal Ideen, auf die wir Erwachsenen gar nicht kommen würden. Bei meiner Tätigkeit als Sicherheitsbeauftragte versuche ich deshalb, den Kindern einen Schritt voraus zu sein: Ich begehe jeden Monat den Außenbereich und richte mein Augenmerk besonders auf Spielgeräte und Zäune. Ich begutachte den Innenbereich, zum Beispiel Treppen und Aufenthaltsräume. Dabei bin ich sehr gewissenhaft. Denn wenn ich weiß, dass die Kinder bei uns ein sicheres Umfeld haben, kann ich ihnen die Welt nicht nur zeigen – ich kann sie sie auch selbst erfahren lassen.“